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"Ich mache Stadt gemeinsam, weil..."

Unsere Porträtserie stellt Menschen vor, die sich für integrierte Stadtentwicklung engagieren. Sie sind Partner, initiieren gemeinwohlorientierte Quartierprojekte oder fördern den Austausch über regionale und nationale Grenzen hinweg.

Im Porträt

Elke Plate, Stadtentwicklerin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil die große Transformation ein Denken und Arbeiten außerhalb von disziplinären Silos erfordert."


Portraitfoto von Elke Plate vor unscharfem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Elke PlateQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Thomas Meyer

Elke Plate arbeitet seit 2001 bei der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und beschäftigt sich hier mit Fragestellungen zur resilienten, zukunftsfähigen Stadt. Seit 2009 leitet die ausgebildete Stadtplanerin dort das Team für „Zentren, Wirtschaft und gesamtstädtische Entwicklungsstrategien". Seit 2022 verantwortet sie das Pilotprojekt "Kuratiertes Erdgeschoss-Management in Zentren“ und erprobt hier neue Strategien für die produktive Post-Corona-Stadt. 

Theorie, Forschung und Praxis zu verbinden, war Elke Plate bereits während ihres Studiums der Raumplanung an der TU Dortmund ein Anliegen. Noch zu Studienzeiten gründete sie das Büro der Planersocietät. Weitere berufliche Erfahrungen sammelte Elke Plate später im Erzgebirge, in Dresden, Halle/Leipzig, München, Düsseldorf, im Ruhrgebiet und in Ostwestfalen, bevor sie nach Berlin kam. Sie agierte an der Schnittstelle zwischen Stadt- und Verkehrsplanung, häufig waren ihre Aufgaben in der Verwaltung auch mit Forschungsprojekten verbunden.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Ich empfinde die Begegnungen bei Veranstaltungen und Terminen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik immer als kollegiale Klassentreffen. Die Kongresse bieten fachlich-politischen Input und Austausch. Außerdem verbinde ich mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik auch die Unterstützung engagierter Kolleginnen und Kollegen, die Berlins Stimme beispielsweise bei der Erarbeitung der Neuen Leipzig-Charta eingebracht haben.

Der Piloprojektaufruf „Post-Corona-Stadt“ in dem die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen im Referat Stadtentwicklungsplanung das Thema des kuratierten Erdgeschoss-Managements bearbeitet, ist aktuell die engste Verbindung. Hier sind wir Projektträger, ich habe an der Erarbeitung der Bewerbung mitgearbeitet.

 

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Woran arbeiten und forschen Sie im Pilotprojekt „Kuratiertes Erdgeschoss-Management“ konkret?

In dem Projekt generieren wir Wissen über die Pandemiefolgen in Berlins Zentren. So untersuchen wir Erdgeschossnutzungen alternativ zum Einzelhandel. Wir suchen bundes- und europaweit nach erfolgreichen Modellen und Praktiken, wie die Schnittstelle zwischen öffentlichem Raum und Erdgeschoss so gestaltet werden kann, dass Zentren und Geschäftsstraßen mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen widerstands- und anpassungsfähiger werden.

Gleichzeitig findet ein berlinweiter Wettbewerb um das beste Konzept und seine Umsetzung für Erdgeschossnutzungen statt, um lokale Initiativen und Eigentümer im Engagement für ihren Standort zu unterstützen. Und wir wollen der Frage nachgehen, wie Eigentümer so kooperieren können, dass Flächen als Ressourcenpool betrachtet und genutzt werden.

Inwiefern bestimmt Gemeinwohlorientierung Ihre Arbeit als Stadtentwicklungsplanerin in Berlin?

Berlin ist eine Stadt, in der die Boden- und Immobilienpreise sich in den letzten Jahren in geradezu brutaler Weise entwickelt haben. Davon profitieren wenige, und die meisten gar nicht. Vorsorge ist angesichts dessen besonders wichtig. Und dazu braucht es Planungen und Projekte, die das Gemeinwohl, Chancen auf Teilhabe und Leistbarkeit stärker berücksichtigen.

Die Stadtentwicklungspläne, die in Berlin erarbeitet werden, zielen genau darauf und stellen das Gemeinwohl in den Mittelpunkt - damit diejenigen beispielsweise, die auf aktive Mobilität angewiesen sind, sich gut versorgen können. Damit die Betriebe, die für die grundlegende Versorgung in der Stadt wichtig sind, auch Grundstücke finden, auf denen sie ihre Produkte erzeugen können.

Strategische Planung zielt also auf den Rahmen, auf langfristige Entwicklungen, auf Vorsorge, auf Anpassungsfähigkeit. Sie nützt dann, wenn Akteure, die Projekte umsetzen oder auf anderen Ebenen arbeiten, darin eine Orientierung finden und Flächen für die Daseinsvorsorge genutzt werden können.

Was motiviert Sie?

Städte sind für mich Orte sozialer Vielfalt, kultureller Innovationen, wirtschaftlicher Kraft, politischer Macht. Sie sind Knotenpunkte in vielfältigen Netzen. Die Dichte von Menschen setzt Ideen frei, bringt Kreativität zusammen, schafft einen ständigen Wandel. Städte sind spezielle Räume der individuellen Aneignung und großer Freiheit. Das motiviert mich!

Gleichzeitig ist soziale Benachteiligung in Deutschland auch räumlich strukturell verfestigt. In städtischen Räumen wirken sich wirtschaftliche, soziale und technologische Veränderungen in vielfältiger Weise aus. Um die große Transformation in Städten wie Berlin zu gestalten, braucht es strategische Planung, die langfristige Ziele ansteuert und ihre Umsetzung vorstrukturiert. In besonderem Maße ist ein systemisches Denken und Handeln wichtig.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Klimawandel und Energiewende betreffen Stadt und Land. Sie fordern veränderte Praktiken, eine echte Kreislaufwirtschaft, eine bessere Risikovorsorge, mehr personelle und finanzielle Ressourcen für die öffentliche Daseinsvorsorge.

Die bestehenden bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen tragen nicht ausreichend dazu bei, unsere Umwelt und Gesellschaft auf diese enormen Anforderungen und den erforderlichen Verzicht auszurichten. Es braucht dazu mehr Mut, weil die Energiewende ohne unbequeme Entscheidungen nicht stattfinden wird. Es braucht mehr individuelle Verantwortungsübernahme für die erforderliche Klimawandelanpassung, weil Eigentum verpflichtet. Es braucht mehr Staatlichkeit mit Gemeinwohlorientierung und Geschwindigkeit.

Weiterführendes:

Pilotprojekt "Kuratiertes Erdgeschoss-Management"

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Michael Landeck, Lehrer


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil Kooperationen, Netzwerke und starke, tragfähige Verbindungen einfach die Zukunft sind.“


Portraitfoto von Michael Landeck vor unscharfem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Michael LandeckQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Thomas Meyer

Sport und Geschichte sind die Leidenschaften von Michael Landeck aus Neuruppin. Selbst einst Schüler der Evangelischen Schule in Neuruppin, absolvierte er sein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Neuruppiner Sportverein und kehrte nach seinem Lehramtsstudium an die Schule zurück.

Viele verschiedene Menschen zusammenbringen, übergreifend arbeiten – das zieht sich durch die Vita des engagierten Lehrers. Während des Studiums arbeitete er für Projekte an verschiedenen Instituten der Rostocker Universität, war Teil von Forschungsprojekten in den Bereichen Gesundheitssport oder beim Behindertensportverband.

An der  Evangelischen Schule, wo der klassische Fächerunterricht immer mehr in den Hintergrund rückt und stattdessen fächerverbindender Projektunterricht vorangetrieben wird, unterrichtet Landeck nicht nur. Er ist auch „Stadtmacher“ – ebenso wie seine Schülerinnen und Schüler, die hier von der Grundschule bis zum Abitur lernen.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Wir, das heißt die Evangelische Schule Neuruppin und die Stadtverwaltung der Fontanestadt, haben uns 2020 mit dem Projektvorschlag „Dein Park“ auf den Projektaufruf Post-Corona-Stadt beworben. Die ursprüngliche Idee wurde von Schülerinnen und Schülern der Schule entwickelt und zielte darauf ab, unsere Stadt noch lebenswerter und zukunftsfähiger zu gestalten. Es war für uns ein Riesenerfolg, ausgewählt zu werden. Als kleines Team standen wir vor einer großen Aufgabe. Wir mussten das Projekt zum Laufen bringen und viel Verantwortung übernehmen.

Mit der Förderung konnten unsere Ideen und Ansätze auf ein neues Niveau gehoben werden. Es strahlt nun viel weiter, was wir tun. Durch die Vernetzung mit den anderen 16 geförderten Projekten haben wir die Chance, voneinander zu lernen. Wir profitieren sehr von dem Austausch mit den anderen. Und wir sehen, dass unsere Idee, unsere Arbeit Früchte trägt.

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Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Ausgangspunkt war unser Stadtpark. Im Grunde haben wir uns mit unserem Projekt auf den Weg gemacht zu einem langfristigen kooperativen Prozess, um einen offenen Ort zu gestalten für individuelle Bewegungsangebote, naturnahe Erholung sowie nachhaltige Bildung. Aber das Projekt ist viel mehr als das. Es betrifft letztlich die ganze Stadt.

Die Arbeit im Kernteam mit Jonas Langenberg von der Stadtverwaltung und der Schule, das funktioniert wie so eine Art Doppelpassspiel. Wir spielen uns die Bälle zu und unterstützen uns dort, wo der andere nicht weiterkommt. Die enge Verbindung von Bildungseinrichtung und Stadt zahlt sich für beide Seiten aus und die Stadt betont ihrerseits immer wieder, dass sie glücklich ist über diesen guten Draht in die Schule. 

Und das Projekt hat über die Schule hinaus Strahlkraft in der Region entwickelt. Wir öffnen uns auch für weitere Schulen und Kitas. Aus dem Park kann ein großes Bildungsangebot für die gesamte Stadt, vielleicht die gesamte Region entstehen. Der Park wird zum außerschulischen Lernort, die Stadt gibt Themen in die Schule, Vereine und Institutionen werden mitgenommen.

Wir haben gelernt, was es bedeutet, wenn wir miteinander reden und voneinander lernen und aufeinander zugehen. Interessen können gebündelt werden, davon profitieren alle. Es ist ein großes Netzwerk entstanden. Ein Netzwerk, das ständig dazu lernt.

Sie sind Lehrer. Weshalb engagieren Sie sich in der Stadtentwicklung?

Das Thema Stadtentwicklung aus Sicht von Schule ist neu und ein interessanter Ansatz. Stadtentwicklung von und mit Kindern und Jugendlichen – das birgt großes Potential, sind sie doch diejenigen, die in Zukunft in unseren Städten leben werden. Ihre Perspektive ist wertvoll und der Wunsch nach Mitgestaltung ist absolut vorhanden. Wenn die Schülerinnen und Schüler eine Idee verfolgen und diese nach Hause tragen, dann sind sie ganz nebenbei auch wertvolle Multiplikatoren.

Möglicherweise arbeiten ihre Eltern in der Verwaltung, in einem der Vereine oder haben sich schon ganz ähnliche Fragen gestellt, wie es nun ihre Kinder tun. Einbindung, gesellschaftliches Miteinander wird am gemeinsamen Esstisch verhandelt. Es ist wichtig, diesen kooperativen Ansatz zu verfolgen. Er ist zukunftsweisend und macht unsere Gemeinschaft stärker. Er verhilft uns zu mehr Resilienz.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Wir haben bei „Dein Park“ mittlerweile so viele Türen aufgemacht, dass es oft schon auf kurzem Weg geht, Vorhaben zu realisieren. Besonders bei der Vorbereitung von Veranstaltungen, der Durchführung von Workshops wird das bereits erfolgreich praktiziert.

Grundsätzlich wünsche ich mir aber eine noch viel größere Offenheit der einzelnen Bereiche, die gemeinsam Stadt machen und eine höhere Flexibilität. Wenn ich mir vorstelle, wie tagesaktuell die Themen den Schülerinnen und Schülern unter den Nägeln brennen. Sie wollen und brauchen oft schnellere Antworten auf ihre Fragen. Wenn ihre Ideen erst sehr viel später umgesetzt werden, dann profitieren sie nicht mehr direkt davon. Wenn ich mich als 10-jähriger beteilige und 16 Jahre alt bin, wenn es zur Realisierung kommt, dann ist das eher eine abschreckende Erfahrung für die Kinder und Jugendlichen.

Es gibt einfach Themen und Fragestellungen, die aufgrund ihrer Aktualität auf der Überholspur geregelt werden müssen. Das braucht flache Hierarchien und an einigen Stellen eine neue Denkweise – zum Beispiel einen verstärkten kooperativen Ansatz.

Weiterführendes:

Mehr zum Pilotprojekt "Dein Park Neuruppin"

Website der Initiative "DEIN Park"

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Ulrich Hirschmüller, Biologe


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil sie den idealen Wirkrahmen bietet, um Ideen und Projekte für eine kooperierende, gemeinwohlorientierte Gesellschaft, zu erproben.“


Portraitfoto von Urlrich Müller vor unscharfem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Ulrich HirschmüllerQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Thomas Meyer

Der Biologe und Stadtmacher Ulrich Hirschmüller ist spezialisiert auf Wissenschaftskommunikation und urbane Landwirtschaft.

Seit 2016 engagiert er sich bei Urban Lab, einer gemeinnützigen UG in Nürnberg, die Bürgerinnen und Bürger begeistern will, ihre Stadt selbst zu gestalten. Los ging es dort für Ulrich Hirschmüller mit dem Projekt „Stadt auf Rädern“. Dieses Projekt richtete sich an Stadtviertel ohne funktionierende Quartierszentren und regte dazu an, geeignete Plätze im Stadtteil zu urbanen Zentren zu wandeln. Es folgten Projekte wie „Meer davon“, ein Verbundprojekt des wissnet-Verband deutschsprachiger Wissenschaftsläden; im Rahmen des Wissenschaftsjahrs „Meere und Ozeane“ oder die Umsetzung einer partizipativen Brachenentwicklung (Nordgarten Z-Bau) in Nürnberg.

2019 übernahm Ulrich Hirschmüller für das Pilotprojekt „Quartier U1-Stadt gemeinsam selbermachen“ die Finanzplanung und -abwicklung, Konzeption, Kooperative Projektförderung und Community-Betreuung. Aktuell ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für „Was wäre wenn…Eine Stadt probt ihren Untergang“ tätig und gehört zum Kernteam des Urban Lab.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Unser aktuelles Pilotprojekt „Was wäre wenn…“ ist nun das dritte Projekt des Urban Lab, das von der Nationalen Stadtentwicklungspolitik gefördert wird. Diese Förderung gibt uns Raum, Dinge im Detail zu durchdenken und in der Realität auszutesten. Teil des „experimentellen Arms“ der Nationalen Stadtentwicklungspolitik zu sein, relevant für die Gemeinwohl-Stadt von morgen tätig zu sein: Das macht mich schon ein wenig Stolz, das gibt mir Schwung, Motivation und Energie.

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Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Das Urban Lab ist inzwischen auf verschiedenen Ebenen der Stadtentwicklung tätig. Einmal als Akteur im öffentlichen Raum, der dort verschiedenste Projekte umsetzt. Diese „Bodenhaftung“ ist uns wichtig, um den Kontakt mit der Stadt zu behalten und uns regelmäßig die Hände schmutzig machen zu können. Ich selbst mache da gerne bei allem mit, wenn ich auch einen Schwerpunkt beim Thema Stadtgrün und Farming habe. So habe ich das Projekt „Öffentlicher PflanzenNahVerzehr“ maßgeblich mitgestaltet, oder bin auch weiter am Foodcube dran, der inzwischen ein festes Urban Lab Angebot ist.

Auf übergeordneter Ebene wirken wir beim Urban Lab aber auch als Akteur, der die gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung auf verschiedenen Ebenen stärkt, vertritt und versucht, die Stadt mehr als die Summe seiner einzelnen Teile werden zu lassen. Konkret bedeutet dies z.B. die Durchführung kooperativer Projektförderungen, die Gemeinwohl-Projekte nicht nur fördert, sondern auch qualifiziert, vernetzt und mit den richtigen Vertretern der Stadtverwaltung zusammenbringt. Oder aber auch in der Durchführung kokreativer Workshops im Rahmen von Beteiligungsprozessen. Ich selbst bringe hier meine wissenschaftliche Denkweise, mein Einfühlungsvermögen und meine Kommunikationsstärke zur Vermittlung komplexer Sachverhalte ein.

Weshalb engagieren Sie sich in der Stadtentwicklung?

Für mich ist Stadtentwicklung die ideale Ebene, in der ich mit meinen Mitteln wirken kann. Die Stadt stellt eine Art Mikrokosmos dar, der groß genug ist, um ein bereits funktionierendes gesellschaftliches Organisationssystem zu sein, quasi als moderne Reproduktion der griechischen Polis. Sie muss aber nicht die großen, unkonkreten und oftmals lähmenden Fragen der Staatspolitik bearbeiten. Hier können Dinge auf die Straße gebracht und Gemeinwohl praktiziert werden. Stadt ist so unfassbar spannend, weil so viele Disziplinen, Menschen, Systeme zusammenkommen, was alles in Allem unfassbares Potenzial bietet. Glücklich macht mich, wenn ich es mal wieder geschafft habe, dieses Potenzial ein Stück weiter zu wecken.

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Wir leben in schwierigen Zeiten. Lösungen liegen auf der Hand, sind zu Teilen bereits erprobt, zu Teilen ist das Risiko, es einfach auszuprobieren überschaubar. Der Mensch kann je nach Kosmos, in dem er lebt, sich extrem kooperativ und sozial verhalten, oder unglaublich dumm und egoistisch. Kapitalismus, Nationalismus, Populismus, Wissenschaftsfeindlichkeit sind extrem große Gefahren für unsere Gesellschaft. Ich versuche, in meinem Wirkrahmen an Lösungen für die Gemeinwohl-Stadt von morgen mitzuarbeiten. Wichtig dabei finde ich die Themen Verantwortung, Wissens- und Empathieaufbau. Gute Instrumente, diese in unserer Gesellschaft zu etablieren, sind meines Erachtens superwichtig.

Weiterführendes:

Mehr zum Pilotprojekt "Was wäre wenn... Eine Stadt probt ihren Untergang"

Mehr zum Pilotprojekt "Quartier U1 - Stadt gemeinsam gestalten"

Mehr über Urban Lab

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Andrea Jürges, Stadtgestalterin im Museum


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil es sich lohnt, andere mitzunehmen und mit Experimentierfreude, Ausdauer und Leichtigkeit für die Gestaltung guter Stadträume zu motivieren."


Portraitfoto von Andrea Jürges vor unscharfem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Andrea JürgesQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Thomas Meyer

Andrea Jürges studierte Architektur und Städtebau an der TU Darmstadt. Dort lernte sie: Bei allen Entwürfen startet man mit der Frage, wie sich ein Objekt in die Umgebung einfügt. Das war immer der Ausgangspunkt und wurde selbstverständlicher Teil ihres Denkens.

Sie arbeitete in der Wettbewerbs- und Ausführungsplanung für Architekturbüros und wechselte schließlich in die Kommunikation. Die Betreuung der Kommunikation für den Neubau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt war dabei besonders komplex und fordernd.

Seit 2017 ist Andrea Jürges Stellvertretende Direktorin des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Frankfurt, das sich der Baukultur widmet. Mit wechselnden Ausstellungen, Symposien und Vorträgen übernimmt das Museum gesellschaftliche Verantwortung an der Schnittstelle zwischen der Fachwelt, der Politik und den Bürgerinnen und Bürgern.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Unser Museum ist oft Partner des Stadtplanungsamts, unter anderem auch im Rahmen des aktuellen „Post-Corona-Innenstadt“ Projektes in Frankfurt. Das Stadtplanungsamt hat sich um die Förderung der Nationalen Stadtentwicklungspolitik beworben, nachdem das DAM zusammen mit anderen Akteurinnen und Akteuren der Initiative „Making Frankfurt“ einen Aktionstag auf dem Mainkai veranstaltete. Der war damals für ein Jahr vom Autoverkehr freigeräumt. Mit diesem Aktionstag wurde aus einem grauen, tristen Verkehrsraum ein vielfältiger und lebendiger Stadtraum für alle – wenn auch erstmal nur für einen Tag. Während der hessischen Sommerferien 2022 findet nun im Rahmen von „Post-Corona-Innenstadt“ der „Sommer am Main“ statt – ein Stadtraum-Experiment, das mit vereinten Kräften von Politik und Verwaltung sowie engagierter Vereine und Bürgerinnen und Bürger realisiert wird.

Ich sehe die Stadtentwicklung als einen Tanker; unser Pilotprojekt im Rahmen der „Nationalen Stadtentwicklungspolitik“ ist ein Schnellboot, mit dem man experimentieren kann. Die Projekte der Nationalen Stadtentwicklungspolitik sind wichtige Signale für die Kommunen. Es ist eine Auszeichnung und man hat mit der Bundesförderung eine hervorragende Referenz, die Türen öffnen kann.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Wir engagieren uns für Frankfurt, für eine lebenswerte Stadt und eine lebendige und vielfältige Innenstadt, für gut gestaltete Stadträume für Alle. Wir als Museum haben in diesem Kontext andere Möglichkeiten als das Stadtplanungsamt. Als kulturelle Institution können wir Denkanstöße geben. Wir können temporäre, künstlerische Interventionen initiieren, das Amt wiederum kann und muss bleibende Stadtentwicklung planen – das ergänzt sich durch unseren Zusammenschluss hier in Frankfurt ganz wunderbar. Wir bieten Blickwinkel, die nicht per se politisch sind und haben so die Möglichkeit, offener zu diskutieren. Wir debattieren, experimentieren und sind Teil eines Forschungsprojektes mit offenem Ausgang, wie immer bei Forschungsprojekten.

Unser aktuelles Projekt ist z.B. das Reallabor WOHNZIMMER HAUPTWACHE. Mit einem Open Call fragten wir nach Ideen zur temporären Umgestaltung auf einem der zentralsten Plätze der Stadt. Aus über 50 Einreichungen wählte eine Jury 17 Projekte aus, die das DAM nun versuchen wird umzusetzen. Aktuell sprechen wir mit den Ämtern und der Verkehrsgesellschaft Frankfurt und suchen nach Wegen, Dinge möglich zu machen. Wir bilden im Prinzip das Zwischenglied zwischen den Ideengebern und den relevanten Institutionen, die Veranstaltungen oder Sondernutzungen genehmigen. Unser Ziel ist es, Erkenntnisse für die Hauptwache und die Innenstadt zu gewinnen, die wir an die Stadt Frankfurt weitergeben und die idealerwiese in die Innenstadtentwicklung einfließen können.

Warum engagieren Sie sich für Stadtentwicklung?

Aufgeben gilt nicht, denn es lohnt sich doch. Ich glaube einfach daran, dass wir etwas bewegen können und ich kann und will meinen Teil dazu beitragen. Wir als Deutsches Architekturmuseum können Diskussionsangebote und -plattformen schaffen. Wir haben die Möglichkeiten zu sagen: Wir schauen uns das mal an, wir zeigen was möglich ist und sein kann.Wir können aktuelle Architektur und Stadtentwicklung aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten – und hinterfragen. Wir brauchen die Diskussion - öffentlich aber auch innerhalb der städtischen Verwaltungen und Politik.

Mich interessiert auch der Austausch mit anderen Städten, wie z.B. Rotterdam, London, Oslo oder auch Madrid. Wie kommen sie zu guten Gestaltungen? Und ich frage mich immer: Was ist übertragbar? Die Gestaltung unserer Städte und Umwelt geht uns alle an. Und wir können dazu beitragen, dass man Mut fasst für eine gute Gestaltung, denn es braucht Mut, Ausdauer aber auch manches Mal Leichtigkeit. Wir sollten mehr experimentieren und ausprobieren können. Das treibt mich an.

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Bürgerbeteiligung hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Sich FÜR ETWAS zu engagieren, ist aus meiner Sicht essentiell. Ich wünsche mir weniger „NIMBYs“, also Menschen, die mit der Einstellung „Not in my Backyard“ Entwicklung verhindern, sondern unbedingt mehr Menschen, die offen für den Kompromiss sind.  Gerade Frankfurt ist eine sehr diverse Stadt in einer wachsenden Region. Veränderungen – nicht erst seit der Pandemie – sind notwendig. Kompromisse müssen gefunden werden. Gleichzeitig können Stadtentwicklungen langwierig sein. Das zu erklären ist wichtig.  Damit die Bürgerinnen und Bürger nicht frustriert aufgeben.

Vernetzung  und Austausch sind mir sehr wichtig. Wir bräuchten mehr Zeit, uns zu vernetzen, auch im Rahmen von Förderprojekten wünsche ich mir deshalb längere Projektlaufzeiten. Im intensiveren Austausch mit anderen Projekten und Städten gibt es immer wieder Aha-Momente, wie zum Beispiel auf dem Netzwerktreffen der Post-Corona-Stadt-Projekte in Wittenberge, wenn wir feststellen, dass andere auf ähnliche Herausforderungen stoßen und diese vielleicht auch schon gelöst haben.

Die Verstetigung von Projekten ist mir zudem ein großes Anliegen. Erfreulich ist, dass die Stadt Frankfurt inzwischen sowohl eine weitere Zusage für Bundesförderung erhalten hat und außerdem ein eigenes Investitionsvolumen geschaffen hat, um dafür sorgen, dass nicht nach den drei Förderjahren der Nationalen Stadtentwicklungspolitik alles endet. Die Gefahr besteht ja ganz real, wenn keine Gelder mehr zur Verfügung stehen und dann die in dem Forschungsprojekt gesammelten Erkenntnisse nicht in die Umsetzung gebracht werden können. Doch das darf nicht passieren, dafür haben alle einerseits zu große Kraftanstrengungen an den Tag gelegt. Und andererseits ist es für zukunftsfähige Stadtentwicklungen essentiell vom Denken zum MACHEN zu kommen – und zwar für eine gute, qualitätvolle Stadtentwicklung.

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Weiterführendes:

Pilotprojekt "Post-Corona-Innenstadt Frankfurt"

Wohnzimmer Hauptwache

Veranstaltungsreihe "Sommer am Main"

Initiative "Making Frankfurt"

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Felicitas Nadwornicek, Landraumentwicklerin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil Um- und Zwischennutzung von Leerständen helfen können, Orte nachhaltig und gemeinwohlorientiert zu entwickeln.“


Portraitfoto von Felicitas Nadwornicek vor unscharfem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Felicitas NadwornicekQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Thomas Meyer

Innovationen auf dem Land – das ist es, wofür Felicitas Nadwornicek brennt. Bei neuland21 - einem unabhängigen und gemeinnützigen Think & Do Tank für digitale Innovationen in ländlichen Räumen – verantwortet sie seit 2021 den Programmbereich Wohnen & Raumentwicklung. Gemeinsam mit dem Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz führt sie aktuell das Projekt PopUp Prignitz durch. Hier entsteht eine Agentur für Leerstände und Zwischennutzungen im Landkreis Prignitz, die über eine digitale Plattform Objekte erfasst und ein strategisches Leerstandsmanagement ermöglicht. Außerdem untersucht sie, welche Begehrlichkeiten und Konkurrenzen der Flächennutzung es in ländlichen Räumen gibt.

Felicitas Nadwornicek hat in Bamberg und Madrid Soziologie und Germanistik studiert. Während ihres Studiums und erster beruflicher Erfahrungen hat sie Stadtentwicklung durch die Themen Migration, Integration und gesellschaftliche Ungleichheiten kennengelernt. In der Social Startup Szene Berlins arbeitete sie einige Jahre für und mit Sozialunternehmen.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Aktuell arbeite ich für PopUp Prignitz - Agentur für Freiräume, einem im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) geförderten Modellprojekt. In der Prignitz haben wir Orte mit einer Leerstandsquote von bis zu 19 Prozent. Wir sehen das ungenutzte Potenzial und die damit verbundenen Chancen. Und das möchten wir zugänglich machen. Uns geht es darum, die vielen Freiräume der Prignitz sichtbar und damit (überregional) nutzbar zu machen - sei es für Kunst- und Kulturangebote, Vereine & Initiativen, Ladengeschäfte, Coworking Spaces oder neue Wohnformen. Mit der Erhöhung der Lebensqualität in der Prignitz stellen wir die Region gleichzeitig auch krisenfester auf, so zumindest unsere Vision.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam? Beschreiben Sie uns bitte, welche Aufgaben Sie ausüben, um integrierte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu fördern und im Alltag umzusetzen.

Wir wollen den Aufbau unserer Zwischennutzungsagentur nicht im Alleingang gestalten, sondern alle Stakeholder und ganz besonders die Bürgerinnen und Bürger vor Ort daran beteiligen. Um von Anfang an gemeinsame Sache zu machen, sind wir mit der Durchführung von fünf interaktiven Design Thinking Workshops ins Projekt eingestiegen, in denen wir Bürgerinnen und Bürger, städtische Vertreterinnen und Vertreter, Interessierte und Expertinnen und Experten zusammengebracht haben, um gemeinsam an der Entwicklung möglicher Zwischennutzungsformate zu arbeiten.

Auch mit den Eigentümerinnen und Eigentümern vor Ort arbeiten wir eng zusammen, um deren Bedarfe zu verstehen, Unsicherheiten zu klären und zur Zwischennutzung ihrer Leerstände zu motivieren.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Ich freue mich sehr, dass ich in meiner Arbeit bei PopUp Prignitz ganz unterschiedliche Themen vereinen kann, die mir am Herzen liegen: dazu gehört zum einen das große Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz, aber auch Ansätze gemeinwohlorientierter Stadtgestaltung und nicht zuletzt die Förderung von Kunst und Kultur sowie innovativer Produkte und Konzepte. Daneben ist es auch der Austausch zwischen Stadt und Land, der durch unsere Zwischennutzungsagentur gefördert werden kann und den ich für die zukünftige Entwicklung ländlicher Räume sehr wichtig finde. Wie fruchtbar und belebend dieser Austausch sein kann, zeigte sich zum Beispiel sehr schön am ersten Summer of Pioneers, der 2019 in Wittenberge in der Prignitz stattfand. Als temporäres Projekt angelegt, haben sich aus dem zeitlich begrenzten Landleben für Städterinnen und Städter verschiedene dauerhaft bestehende Projekte und Orte wie der Stadtsalon Safari als gemeinnütziger Veranstaltungsort, das Willkommensnetzwerk Elblandwerker und der dauerhafte Wohnortwechsel zahlreicher Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickelt.

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Großen Handlungsbedarf sehe ich in Aushandlungsprozessen und Lösungskonzepten rund um die Diskussion zur Nutzung der begrenzten Ressource Fläche - sowohl im sich verdichtenden Stadtraum, als auch in ländlichen Räumen. Denn der Druck auf Flächen steigt von verschiedenen Seiten und so entstehen Zielkonflikte zwischen Siedlungsentwicklung, Klimazielen, regenerativer Energieproduktion oder landwirtschaftlichen Nutzung. Daher braucht es neue Lösungskonzepte und Verfahren, die bei der Frage nach dem richtigen Umgang mit der begrenzten Ressource Fläche Unterstützung leisten können. Entscheidungen hierzu sollten am besten auf einer guten Datenbasis getroffen werden und das ist bislang nicht im notwendigen Ausmaß der Fall.

Die Nutzung von Leerständen aller Art ist dabei definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Deshalb freue ich mich sehr, mit PopUp Prignitz an der Verbreitung des Konzepts von Zwischen- und Nachnutzungen arbeiten zu können.

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Weiterführendes:

Pilotprojekt "PopUp Prignitz"

neuland21 e.V. auf der Nachhaltigkeitsplattform Brandenburg

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Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Petra Reiber, Leerstandsmanagerin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil jetzt viele gute Ideen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität in Innenstädten gefragt sind und die 'Schwarmintelligenz' uns weiterbringt.“


Portraitfoto von Petra Reiber vor unscharfem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Petra ReiberQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Thomas Meyer

Petra Reiber ist studierte Rechtswissenschaftlerin. Sie war auf Sylt jüngste Bürgermeisterin Deutschlands, Fregattenkapitänin und Dozentin für Kommunalverfassung und Verwaltungsmanagement an der Verwaltungsakademie Bordesholm.

Von 2019 bis Frühjahr 2022 arbeitete Petra Reiber als Geschäftsführerin der Region Rendsburg GmbH, deren Mission es ist, die Region zu fördern, ihre Attraktivität für kommende Generationen so zu gestalten, dass sie dort leben und arbeiten möchten. Leerstandsmanagement ist auch in Rendsburg ein großes Thema. Petra Reiber sah sich vor die Herausforderung gestellt, die Stadt als Herz der ganzen Region wieder attraktiver und zukunftsfähig zu gestalten. Seit April ist sie Prokuristin in der Gesellschaft.

Petra Reiber sieht sich als Stadtgestalterin und Initiatorin von schlanken Strukturen. Jede und jeder soll für seine Stadt das machen, was sie oder er am besten kann und gemeinsam haben alle mehr Kraft und Erfolg.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

In Rendsburgs Innenstadt setzen wir uns seit Jahren zunehmend mit dem Problem des Leerstandes auseinander. Schon bevor ich auf den Projektaufruf Post Corona Stadt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik stieß, hatten wir die Idee zur Innenstadtbelebung. Das war vor ca. drei Jahren, als wir unseren Pop-up-Store „Pfiffikus“ realisierten. Eine Immobilieneigentümerin verzichtete für ein halbes Jahr auf Pachtzahlungen. Aus dem Leerstand wurde ein Laden für Kunsthandwerk und Bekleidung, alles regional und nachhaltig mit handgefertigten Unikaten aus Naturmaterialien, Upcycling-Produkten, wie z.B. Einkaufsnetzen aus alten Fischernetzen, von Schülerinnen und Schülern genäht. Wichtiger Partner war hier auch von Anfang an die Diakonie, die Produkte aus den Behinderten-Werkstätten lieferte. Das Ganze war ein erfolgreiches Experiment, und der Name Pfiffikus steht seitdem bei uns für „frech was ausprobieren“.

Zur Idee gehört auch eine Umfeld-Belebung für den Laden, um die Leute im Zentrum zu halten, Aufenthaltsqualität zu schaffen. Ein Sandkasten mit Spielgeräten entstand, später kam ein Café hinzu.

Es eine Gruppe von Leuten, die in ihrer Freizeit per Hand produzieren und dies zum Verkauf anbieten. Es entstand ein Treffpunkt für Jugendliche und Kinder. Wir bestückten das Quartier Jungfernstieg mit 19 Hochbeeten für Gemüse, Salat und Kräuter, die wir an Paten vergeben haben: Privatleute, Vereine, Parteien, sonstige Institutionen -, die die Beete pflegen und ernten.

Inzwischen kommen Anfragen von Immobilieneigentümern oder auch potenziellen Ladenbetreibern, die zusammengebracht werden möchten. Wir machen uns Gedanken über neue Ladenkonzepte. Viele Eigentümer sind einfach froh, dass sie mit der Vermietung ihres Leerstandes einen sinnvollen Beitrag zur Innenstadtentwicklung leisten und Vandalismus verhindern helfen.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Wir wurden zum Kümmerer für den Einzelhändler. Wir vermitteln, treten für die Händler in Verhandlungen mit den Eigentümern. Im Gespräch werden Bedürfnisse formuliert und wir überlegten, wie wir helfen können.

In einem Onlineportal – dem Regionalportal Rendsburg - haben wir alle Daten der Region zusammengestellt, hier können sich beispielsweise auch Betreiber von Leerstand darstellen. Wir erzeugen Aufbruchsstimmung. Dass wir wahrgenommen werden als diejenigen, die etwas machen, die nicht nur reden und Strategien entwickeln, die konkret sind und umsetzen. Das ist auch einer der Gründe, warum ich selbst im Laden verkauft habe. Ich wollte wissen, wie es ankommt, direkt ein Feedback einholen. Ich traf auf durchweg positive Resonanz. Die Rendsburger Stadtoberen lassen uns erfreulich freie Hand, unter anderem bei der Gestaltung der Fußgängerzone mit Sitzmöbeln.

Die Gestaltungsfreiheit ist unheimlich motivierend. Und es geht auf, die Innenstadt ist attraktiver geworden. Auch das von uns initiierte gemeinsame Singen in der Weihnachtszeit „Rendsburg singt“ zog die Leute in die Innenstadt und war ein großer Erfolg. Selbstverständlich posten wir all das regelmäßig, man muss sich die Mitstreiter hart erarbeiten.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders? Weshalb interessieren und engagieren Sie sich für die Arbeit in der Stadtentwicklung?

Mich motiviert, dass ich Menschen eine Freude bereiten kann, dass ich mit dafür sorge, dass sie unsere Innenstadt wieder gern aufsuchen und eine neue Lebensqualität finden. Schon als Bürgermeisterin auf Sylt war es mir wichtig, gestalten zu können. Damals war ich 24 und bis heute treibt es mich an, etwas für das Wohl der Allgemeinheit zu tun.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf? Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Jemanden finden, der das Projekt fortsetzt, das ist unsere größte Sorge. Beim Netzwerktreffen in Wittenberge habe ich erfahren, dass bei vielen diese Frage Kopfzerbrechen bereitet. Auch an anderen Orten kämpfen die Akteure mit Parallelstrukturen beispielsweise.

Der positive Ansatz in Rendsburg war, dass die Stadt selbst eine neue GmbH gegründet hat – für Veranstaltungen, Marketing und Leerstandsmanagement. Sie haben also neben vielen anderen Aufgaben auch unser Kerngeschäft auf der Agenda. Das Problem ist nur, dass die Kapazitäten gar nicht ausreichen, um alle Aufgaben unserer GmbH weiterzuführen. Immer wieder entstehen neue Strukturen, die nicht optimal aufeinander abgestimmt sind und Initiativen ohne nachhaltige finanzielle Sicherheit. Wünschenswert wäre aus meiner Sicht gewesen, den Zusammenführungsgedanken stärker spielen zu können.

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Weiterführendes:

Pilotprojekt "Rendsburg belebt"

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Detlef Kurth, Stadtplaner


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil wir nur in einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft eine nachhaltige Stadt gestalten können, die das Klima schützt und sich unabhängig von fossilen Energieträgern macht.“


Portraitfoto von Detelf Kurth vor buntem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Detlef KurthQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Dawin Meckel

Seit 2017 ist Detlef Kurth Professor am Lehrstuhl Stadtplanung der TU Kaiserslautern. Seine Lehr- und Forschungsprojekte liegen in der nachhaltigen Stadtentwicklung, klimaneutraler und resilienter Stadt, sozialgerechter Stadterneuerung sowie im qualitätsvollen Städtebau und nachhaltiger Mobilität.

Im West-Berliner Bezirk Kreuzberg aufgewachsen, waren die 1980er-Jahre mit Instandbesetzungen, Umwelt- und Friedensbewegung prägend für Detlef Kurth. Der Wandel von der Flächensanierung zur behutsamen Stadterneuerung war für ihn ein Auslöser, Stadt- und Regionalplanung an der Technischen Universität Berlin zu studieren. Aber auch der interdisziplinäre Ansatz reizte ihn. Nach dem Studium gestaltete Detlef Kurth bei der Planergemeinschaft Berlin viele Projekte, in der direkten Nachwendezeit auch in Ost-Berlin. 1997 ging er als akademischer Mitarbeiter an die Technische Universität Dortmund und wurde 2003 Professor für Stadtplanung an der Hochschule für Technik in Stuttgart.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Die erste Leipzig Charta von 2007 war für die Planungspolitik und Planungspraxis ein wichtiger Meilenstein. Sie proklamierte europaweit die Leitbilder für eine nachhaltige, kompakte und sozialgerechte Stadt. Die zweite Leipzig Charta von 2020 erweitert diese Leitbilder um wichtige Handlungsfelder wie Klimawandel und Gemeinwohlorientierung. Die daraus abgeleitete Nationale Stadtentwicklungspolitik ist eine wichtige Plattform, um innovative Projekte zu erproben, Leitbilder weiterzuentwickeln und Netzwerke auszubauen. Hier kommen Planungsakteure aus Wissenschaft, Verwaltung, Praxis und Wirtschaft zusammen.

Als Vorsitzender des Beirats „Urbane Resilienz“ konnte ich daran mitwirken, die Leipzig Charta um Resilienz-Aspekte zu ergänzen und weiterzuentwickeln. Wir müssen unsere Städte in Hinblick auf künftige Krisen transformieren. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zeigt, dass unsere Gesellschaft sich auch resilient gegenüber aggressiven und autokratischen Staaten aufstellen muss, bis hin zum Schutz kritischer Infrastruktur.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam? Beschreiben Sie uns bitte, welche Aufgaben Sie ausüben, um integrierte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu fördern und im Alltag umzusetzen.

Als Professor unterrichte ich die Studierenden zu den Themen, die in den beiden Leipzig Chartas 2007 und 2020 angesprochen werden. Wir ermutigen sie, in ihren Konzepten immer ein eigenes Leitbild, eine eigene Position zu entwickeln, wie die Stadt der Zukunft aussehen soll. Daraus werden dann integrierte Stadtentwicklungskonzepte für Beispielstädte abgeleitet. Außerdem bin ich in den Berufsverbänden wie SRL (Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V.) und DASL (Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung) aktiv, um Ziele der Stadtentwicklung auch berufspolitisch zu verankern und in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Ich bin überzeugter Stadtplaner, seit meiner Studienzeit engagiere ich mich für die Stadtentwicklung auf allen Feldern. Eine demokratische und gemeinwohlorientierte Gesellschaft braucht gemeinsam erarbeitete Zukunftsbilder, wohin sie sich entwickeln möchte. Nur wenn ich Visionen für die Zukunft habe, kann ich die Stadt aktiv gestalten – nachhaltig und generationengerecht.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Große Herausforderungen liegen in den Folgen des Klimawandels und anderen Krisen wie z. B. der sozialen Ungleichheit oder der demografischen Entwicklung, worauf wir mit Resilienz-Strategien antworten müssen. Der Klimawandel erfordert noch mehr präventive Planungsstrategien, um die Klimaneutralität zu erreichen und die Klimaanpassung zu gestalten. Wichtig ist es außerdem, unsere Werte von Freiheit, Demokratie, Pluralismus und Säkularismus zu verteidigen – dafür stehen z. B. ein allgemein zugänglicher öffentlicher Raum oder eine aktive Bürgerbeteiligung mit transparenten Planungsverfahren. Der vollständige Umstieg auf erneuerbare Energien und der Verzicht auf fossile Brennstoffe ist nun nicht mehr nur erforderlich für die CO2-Reduktion, sondern auch für die Friedenspolitik. Dazu gehört auch eine nachhaltige Mobilität mit weniger Autodominanz in den Städten und Tempolimits. Aber auch die Globalisierung stößt an ihre Grenzen, wenn wir nachhaltiger leben und uns unabhängig von autokratischen Regimes machen wollen – regionale Kreisläufe müssen gestärkt werden.

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Weiterführendes:

Videoaufzeichnung der Diskussion mit den Partnern der Nationalen Stadtentwicklungspolitik: "Städtebauförderung für resiliente Städte"

Podcast "stadt:radar", Folge 5: "Robust und zukunftsfähig - wie wird die Stadt resilient?"

Memorandum „Urbane Resilienz“ – Wege zur robusten, adaptiven und zukunftsfähigen Stadt

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Astrid Messer, Stadtgeographin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil nur abseits des Denkens in Zuständigkeiten die Veränderungsfähigkeit und Krisenfestigkeit von Städten gestärkt wird.“


Portraitfoto von Astrid Messer vor buntem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Astrid MesserQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Dawin Meckel

Als Referentin für Nationale Stadtentwicklungspolitik arbeitet Astrid Messer seit 2016 im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. In dieser Funktion ist die Diplomgeographin seit 2019 auch Mitglied der Arbeitsgruppe Nationale Stadtentwicklungspolitik der Fachkommission Städtebau. Im Zuge der Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie arbeitete sie in der Expertenkommission zur Formulierung des Memorandums zur urbanen Resilienz – Wege zur robusten, adaptiven, und zukunftsfähigen Stadt.

Astrid Messer studierte Geographie sowie Stadtplanungs- und Verwaltungsrecht in Kiel. Sie lehrte am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum zu Themen der sozialen Stadtteilentwicklung und beschäftigte sich dort insbesondere mit nachbarschaftlichen Beziehungen und Netzwerken im Quartier. Der Austausch verschiedener Perspektiven und die Kombination aus Forschung und Praxis ist ihr eine Herzensangelegenheit.

Astrid Messer arbeitet im Ministerium zu den Themenbereichen grenzüberschreitende europäische Zusammenarbeit, Nationale Stadtentwicklungspolitik und Förderung von nachhaltigen Siedlungsstrukturen in Dörfern und kleinen Gemeinden. Als Dozentin zur Entwicklung ländlicher Räume am Institut für Geographie in Münster bringt sie sich parallel auch weiter in der universitären Lehre ein.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Seit 2019 bin ich Mitglied der Arbeitsgruppe Nationale Stadtentwicklungspolitik. Diese Arbeitsgruppe ist das Arbeits- und Abstimmungsgremium der Nationalen Stadtentwicklungspolitik. Hier findet der Austausch zwischen Bundes-, Länder- und Kommunalebene statt. In der Arbeitsgruppe erörtern und benennen wir Themen, denen sich die Nationale Stadtentwicklungspolitik intensiver widmen will. Wir stoßen gemeinsame Aktivitäten an und bereiten gemeinsam mit den vielen weiteren Akteurinnen und Akteuren der Stadtentwicklung den jährlichen Bundeskongress vor. Als Jury entscheidet die Arbeitsgruppe zudem auch über die Auswahl von Pilotprojekten oder Bundespreisen, so zum Beispiel über den Bundespreis kooperative Stadt im vergangenen Jahr. Die Jurysitzungen bieten mir immer wieder Einblicke in spannende und beispielgebende Projekte im gesamten Bundesgebiet, aus denen ich viele Ideen und Impulse für meine eigene Arbeit gewinne.

Beschreiben Sie uns bitte, welche Aufgaben Sie ausüben, um integrierte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu fördern und im Alltag umzusetzen.

Als Mitglied der Arbeitsgruppe Nationale Stadtentwicklungspolitik kommuniziere ich aktuelle Themen und der integrierten Stadtentwicklung sowie Aktivitäten, Erfahrungswerte und Beispiele guter Praxis: einerseits indem ich die Arbeit der Gemeinschaftsinitiative auf die Landesebene trage, andererseits indem ich Erkenntnisse aus Nordrhein-Westfalen in die Arbeitsgruppe einbringe.

Darüber hinaus versuche ich, über die Ausgestaltung unserer Förderangebote für die nachhaltige Entwicklung von Siedlungsstrukturen in Dörfern und kleinen Gemeinden des ländlichen Raumes, die Ansätze und Handlungsfelder integrierter Stadtentwicklung auf kommunaler Ebene in die Praxis zu transportieren. Dass auch im ländlichen Raum immer mehr zivilgesellschaftliche Initiativen eine wichtige Rolle in gemeindlichen Entwicklungsprozessen übernehmen, ist aus meiner Sicht eine positive Entwicklung.

Weshalb engagieren Sie sich für die Arbeit in der Stadtentwicklung?

In der Stadt kommen alle Sphären des Lebens zusammen – Wohnen, Arbeiten, Bildung, Kultur, Freizeit, Erholung und vieles mehr. Aufgabe der Stadtentwicklung ist es, all diesen verschiedenen Funktionen Rechnung zu tragen, sie gegeneinander abzuwägen und ihnen zu einer Ausgewogenheit zu verhelfen.

Diesen Interessensausgleich verbinde ich mit dem Ziel, Chancengleichheit innerhalb der Stadtgesellschaft zu ermöglichen und langfristig zu bewahren. Stadtentwicklung ist daher für mich ein wesentlicher Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit.

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Stadtentwicklung ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Nur durch gegenseitiges Verständnis, Wertschätzung und Vertrauen lassen sich gute Kompromisse und konsensfähige Lösungen erarbeiten. Für mich sind es daher nicht unbedingt einzelne Themen oder Handlungsfelder, die an erster Stelle stehen. Vielmehr denke ich, dass wir mit kommunikativen und kooperativen Handlungsansätzen alles daransetzen müssen, dass die Akteure der Stadtentwicklung auch bei komplexen Problemlagen oder gegenläufigen Interessen lösungsorientiert zusammenarbeiten.

Und sollte ich mich jetzt auf ein einzelnes Handlungsfeld festlegen müssen, wünschte ich, dass wir unser Augenmerk noch stärker auf die Schaffung und Gestaltung öffentlicher Räume legen. Öffentliche Räume sind die Räume, wo die Stadt für jeden von uns unmittelbar erfahrbar wird und wo wir uns als Teil der Stadtgesellschaft begreifen können. Wir müssen daher Räume schaffen, in denen Menschen sich gerne aufhalten und in denen sie miteinander in Kontakt kommen können. Und zugleich müssen diese Orte durch ausreichend Grünflächen so gestaltet werden, dass sie sich positiv auf Umwelt und Klima auswirken.

denen sie miteinander in Kontakt kommen können. Und zugleich müssen diese Orte durch ausreichend Grünflächen so gestaltet werden, dass sie sich positiv auf Umwelt und Klima auswirken.

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Weiterführendes:

Ministerium für Heimat Kommunales Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen

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Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Maria Heidemann, Stadtsoziologin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil Leben und Raum Vielfalt brauchen.“


Portraitfoto von Maria Heidemann vor grünem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Maria HeidemannQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Heinrich Voelkel

Maria Heidemann ist Expertin für Mobilität und strategische Stadtplanung. Sie engagiert sich in der Gesellschaft für außerordentliche Zusammenarbeit in Hannover – einem Förderprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik aus dem Förderzeitraum 2019 bis 2021.

Bereits parallel zum Studium sammelte sie als Innovationsmanagerin Erfahrungen in der Start-Up-Förderung.

Aktuell arbeitet sie im Bereich Stadtentwicklung mit dem Fokus auf quartiersübergreifende Ressourcennutzung. Sie berät Akteure und entwickelt gemeinsam mit anderen in der Stadt Engagierten Konzepte und Strategien zur nachhaltigen Transformation. Inhaltlich sind ihre Schwerpunkte Smart City und Mobilitätswende. Methodisch arbeitet Maria Heidemann gern mit dem Design Thinking-Ansatz. Smart City bedeutet für sie auch ökologisches, effizientes, soziales, gerechtes und vernetztes Denken.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Seit 2021 bin ich Projektkoordinatorin der „Gesellschaft für außerordentliche Zusammenarbeit“. Innerhalb des Förderzeitraumes haben wir ein Netzwerk in Hannover geschaffen, das Initiativen bündelt und die Möglichkeit schafft, sich auszutauschen und gemeinsamen zu handeln.

Ich vernetze verschiedene Initiativen und arbeite mit ihnen daran, die gemeinwohlorientierte, zivilgesellschaftliche Stadtgestaltung in Hannover voranzutreiben. In Workshops sehen wir uns Projektideen ganz konkret gemeinsam mit den Initiatoren an und helfen gegebenenfalls bei der Weiterentwicklung.

Die Förderung hat uns auch geholfen, Akteure mit ähnlichen Interessen im Land kennenzulernen. Das war sehr wertvoll, zu lernen, wie es in anderen Städten läuft.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam? Beschreiben Sie uns bitte, welche Aufgaben Sie ausüben, um integrierte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu fördern und im Alltag umzusetzen.

Bei der „Gesellschaft für außerordentliche Zusammenarbeit“ vernetze ich verschiedene lokale Initiativen. Wir stehen dafür, gemeinsame Ideen umzusetzen, die möglichst vielen ehrenamtlichen Projekten zu Gute kommen. Wir möchten noch mehr Menschen ermöglichen, Stadt mitzugestalten, wollen Dinge teilen, aufmerksam machen, Engagement unterstützen und auch selber kokreativ Projekte auf die Straße bringen.

Über die Förderzeit wurden eine Reihe von Projekten bei uns identifiziert oder neu gestartet und inzwischen verstetigt. Mit dem Projekt „Ressource Hub“ wurde beispielsweise die passende Software-Plattform zum Teilen von Räumen und Gegenständen hier in Hannover geschaffen. Davon profitiert auch ein weiteres Projekt – die Bibliothek der Dinge –, die ein breites Spektrum an Leihgegenständen für alle versammelt: Von Werkzeug und Küchengeräten über Campingzubehör bis hin zu Veranstaltungsequipment können über das digitales Reservierungssystem (Ressource Hub) Dinge bestellt und / oder persönlich vor Ort ausgeliehen werden – das alles bewirkt nicht nur die bessere Nutzung von Ressourcen, sondern auch mehr Miteinander. Das Teilen birgt ein großes Potenzial: Wir erreichen damit mehr Menschen und geben ihnen die Möglichkeit, ihre Stadt bzw. das Leben in ihrer Stadt gemeinwohlorientiert mitzugestalten.

Außerdem können wir in diesem Netzwerk Engagement auch besser unterstützen. Ein Beispiel dafür ist unser „Fonds für Außerordentliches“. Mit diesem Tool erproben wir einen Weg, Fördermittel kooperativ, demokratisch und dezentral zu vergeben. Die grundsätzliche Idee besteht darin, mittels einer App und einem Abstimmungsmechanismus Projekt- und Infrastruktur-Förderung genau da nutzbar zu machen, wo sie gebraucht werden – und das ohne große Bürokratie.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Ich möchte mitgestalten, mit verändern und gehört werden. Gleichzeitig möchte ich all dies auch anderen ermöglichen. Mit meiner Arbeit bin ich da auf dem richtigen Weg. Darüber hinaus können wir auch noch mehr Menschen durch unsere Arbeit motivieren.

Der gegenwärtige Zustand ist für viele unbefriedigend, viele wollen Dinge ändern, wollen die Chance gerade jetzt nutzen, wo die Herausforderungen unserer Zeit wie Klimawandel, Digitalisierung, New Work, Globalisierung oder soziale Gerechtigkeit mehr in der städtischen Praxis angekommen sind – von den Schwierigkeiten, die uns die Pandemie gebracht hat, ganz zu schweigen. Gemeinwohlorientierung ist wichtiger und dringender denn je.

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Die Raumumverteilung ist für mich ein zentrales Thema. Wir brauchen mehr Platz für den Fuß- und den Radverkehr, mehr Platz für Aufenthaltsorte, Spielplätze für verschiedene Altersgruppen. Wir brauchen „Vernetzungsorte“, überdachte Treffpunkte, Platz für sportliche Aktivitäten. Unserer Innenstädte müssen zurückerobert werden, wieder mehr durch die dort Lebenden „bespielt“ werden. Innenstädte sollten weniger durch ruhenden Verkehr blockiert sein und natürlich sollten wir uns den Wohnraum auch im Zentrum leisten können.

Das sind große Herausforderungen und Aufgaben, bei denen ich auf ko-kreative Gestaltung vertraue: Anwohnende und Nutzergruppen bei Entwicklungen bereits in den Gestaltungsprozess mit einbeziehen, muss neuer Standard werden. Das wird mein Fokus im Jahr 2022 sein!

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Weiterführendes:

Gesellschaft für außerordentliche Zusammenarbeit

Resource Hub

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Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Hilmar von Lojewski, Stadt- und Raumentwickler


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil Stadtentwicklung mit Blick auf die Klima- und Nachhaltigkeitsziele 2030 nur mit integrierter und kooperativer Planung funktioniert.“


Portraitfoto von Hilmar von Lojewski vor buntem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Hilmar von LojewskiQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Dawin Meckel

Der Stadtplaner Hilmar von Lojewski ist seit 2012 Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr beim Städtetag Nordrhein-Westfalen und dem Deutschen Städtetag. Nach dem Studium der Raumplanung sowie der Stadt- und Regionalplanung führte ihn seine erste berufliche Station als Planer nach Kathmandu. Dort arbeitete er zwei Jahre lang für ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz). Es folgten leitende Tätigkeiten in Planungsverwaltungen in Dresden und Berlin. Von 2007 bis 2010 arbeitete er als Leiter des „Program for Sustainable Urban Development“ in Syrien.

Seit zehn Jahren vertritt er die Interessen der Mitgliedstädte des Deutschen Städtetages in allen Belangen der Stadtentwicklung: des Bau- und Verkehrswesens, des Wohnungswesens, des Bau- und Planungsrechts, des Liegenschafts- und Geoinformationswesens. Außerdem fördert er die themenbezogene Vernetzung der Städte untereinander.

Bisherige berufliche und persönliche „Highlights“ sind für ihn das gegenseitige Lernen auf internationaler Ebene, die effiziente Bewältigung des Planungsbedarfs in der Nachwendezeit und die Überarbeitung des Planwerks Innenstadt in Berlin, unter anderem mit der Reurbanisierung des Friedrichswerders sowie der Vorbereitung des Stadtumbaus Molkenmarkt.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Die Nationale Stadtentwicklungspolitik war der Ausgangspunkt für meine internationale Arbeit in Syrien. Dort stieß das deutsche Memorandum „Auf dem Weg zu einer nationalen Stadtentwicklungspolitik“ zusammen mit der Leipzig-Charta auf Interesse und fand inhaltlich wie methodisch Nachahmer durch einen sehr ähnlichen integrativen Ansatz. Die Nationale Stadtentwicklungspolitik und die Charta waren die Referenz für das syrische Memorandum zur nachhaltigen Stadtentwicklung in Syrien. Besonderen Reiz bei der internationalen Arbeit hatten für mich die Planungsberatung in Least Developed Countries und die Reform von Government-Strukturen sowie die Entwicklung von Governance-Strukturen in totalitären Systemen, wie etwa die Nationale Stadtentwicklungsstrategie Syrien.

Heute vertrete ich die kommunale Ebene beim Mehrebenenansatz unserer Nationalen Stadtentwicklungspolitik in Deutschland. Diese lenkt die Themen auf die planungspraktischen Themen der großen, mittleren und kleinen Städte und versucht dabei, den integrierten Ansatz für die Planungspraxis anwendbar zu machen.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam? Beschreiben Sie uns bitte, welche Aufgaben Sie ausüben, um integrierte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu fördern und im Alltag umzusetzen.

Es geht mir darum, die Interessen der Städte in die Nationale Stadtentwicklungspolitik einzuweben und die städtischen Bedürfnisse zu einer Leitschnur der Themensetzungen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik zu machen. Diese Politik müssen wir wirksam in die Städte tragen und die Städte gut miteinander vernetzen. Impulse aus den Städten heraus sorgen für eine stetige Weiterentwicklung der Politik. Außerdem sind die deutschen Städte zunehmend an der Internationalisierung der Nationalen Stadtentwicklungspolitik interessiert und engagieren sich dafür nach Kräften. Für mich ist das ein schöner Querbezug zu meinen internationalen Erfahrungen.

Weshalb engagieren Sie sich für die Arbeit in der Stadtentwicklung?

Die Nationale Stadtentwicklungspolitik gestattet Augenhöhe und eröffnet Zugang von allen zu allen Akteuren, Themen und zur Politik, ohne dass die kommunale Planungshoheit in Frage gestellt wird – das zeichnet den deutschen Mehrebenenansatz aus. Dieser Ansatz bedarf aber auch der steten Weiterentwicklung und ist es Wert, internationalisiert zu werden.

Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?

Integriert handeln erfordert auch integriertes Fördern. Keine Stadt verzichtet gerne auf die Förderung von Bund und Ländern, aber alle fordern dringend, das Fördersystem nachzubessern, eine bessere integrierte Förderpolitik von Bund und Ländern. Sie wünschen sich eine Antragstellung für viele miteinander im Zusammenhang stehende Projekte und nicht viele Anträge für ein integriertes Projekt. Das muss besser klappen, wenn die Fördermittel besser Wirkung entfalten und mit weniger Aufwand und mit Blick auf die Klima- und Nachhaltigkeitsziele unbedingt schneller beantragt, abgewickelt und abgerechnet werden sollen.

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Weiterführendes:

Deutscher Städtetag

Diskussionsrunde beim 14. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik – 50 Jahre Städtebauförderung: "Städtebauförderung für resiliente Städte"

Podcast "stadt:radar", Folge 3: No More Business as Usual - wie bleibt die Stadt produktiv?

Interview im Rahmen der Ausstellung "Living the City", 2020

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Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Marta Doehler-Behzadi, StadtLandplanerin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil die Stadt ihre Zukunftsfähigkeit nicht ohne das Land gestalten kann.“


Portraitfoto von Marta Doehler-Behzadi vor buntem Hintergrund und mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Marta Doehler-BehzadiQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Heinrich Voelkel

Seit 2014 ist Marta Doehler-Behzadi Geschäftsführerin der Internationalen Bauausstellung IBA Thüringen. Eine IBA, die mit dem Thema StadtLand auf die kleinteilige Siedlungsstruktur des Freistaates eingeht und auf die ländliche Prägung mit vielen Mittel- und Kleinstädten. Gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vielen Partnerinnen und Partnern in Thüringen führt sie das Großprojekt hin zur Abschlusspräsentation 2023 und arbeitet fortwährend an der „Neuerfindung des ländlichen Raumes.“ All dies mit dem geweiteten Fokus und der Frage, wie wir das menschliche Zusammenleben jenseits der Großstädte ganzheitlich zukunftsorientiert organisieren – unter Einbeziehung aller Ressourcen, also mit den Menschen in den Dörfern und Kleinstädten, mit der Land- und Forstwirtschaft und mit Blick auf den natürlichen Lebensraum.

Marta Doehler-Behzadi studierte Stadtplanung in Weimar an der Hochschule für Architektur und Bauwesen, der heutigen Bauhaus Universität. Gebietsplanung und Städtebau zieht sich als roter Faden durch ihre Arbeit. Auch das Phänomen der Transformationen begleitet sie schon lange. Ihre erste Arbeitsstelle führe sie nach Leipzig. Dort war sie ab 1984 mehrere Jahre für den Chefarchitekten der Stadt tätig und erlebte, wie die Stadtplanung den Erfordernissen des gesellschaftlichen Wandels nicht mehr hinterherkam.

Nach 1989 wechselte Marta Doehler-Behzadi in die Freiberuflichkeit, gründete später mit Iris Reuter das Büro für Urbane Projekte. Von 2007 bis 2014 leitete sie das Referat Baukultur und Städtebaulicher Denkmalschutz im Bundesbauministerium. In dieser Funktion betreute sie auch das bundesweite Netzwerke von IBA-Akteuren – so ist sie mit den IBA Prozessen in Deutschland seit langem vertraut. Die Aufgabe der Geschäftsführung der IBA Thüringen 2014 führte sie nach Thüringen zurück, dem Ausgangspunkt ihrer beruflichen Ausbildung.

Was verbinden Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

In meiner Arbeit in Thüringen ist von Anfang an und zunehmend deutlich geworden, dass große Transformationen vor sich gehen. Schon einmal habe ich erlebt, wie in Umbruchzeiten Veränderungen greifen. Die Fachdiskurse der letzten DDR-Jahre waren ambitioniert, aber kaum öffentlich, die Härte der Transformation nach der Wende allerdings hatte niemand erwartet. Sie führte zu einer De-Industrialisierung im Osten, ganze Stadtbilder veränderten sich. Seitdem befinden wir uns in einem Wandel, den ich inzwischen als atemberaubend wahrnehme – es geht um epochale Fragen. Der Klimawandel ist spürbar für uns alle, auch hier in Thüringen. Wir sind im Handlungsvollzugsdefizit.

Mit der Arbeit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, insbesondere der Leipzig-Charta, ist für mich ein modernes Politikfeld geöffnet worden. Hat ein Ministerium bis dahin hauptsächlich juristisch oder finanziell Einfluss genommen, ist mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik ein neuer Weg dazu gekommen, den ich als Debattenformat sehe. Die verschiedenen Formate, Projekte und Veranstaltungen ergeben ein sehr lebendiges Feld von Austausch und Ausprobieren. Die haben die Fachcommunity deutschlandweit vereint.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Schrumpfung in Folge von demografischem Wandel, städtebauliche Folgen wie Leerstand oder auch der Rückgang von öffentlichen und privaten Diensten und Leistungen in der Fläche oder auch die sichtbaren Einflüsse von Energiewende und Klimawandel beschäftigen uns in Thüringen sehr. Für viele Menschen außerhalb von städtischen Zentren haben sich die äußeren Lebensbedingungen nicht gerade verbessert. Und inzwischen ruft das Protest hervor. Vor uns steht nichts Geringeres als die Aufgabe der Neuerfindung des ländlichen Raums, seiner kulturellen Neudefinition. Dazu wollen wir von Apolda aus unseren Beitrag leisten.

Auf dem Weg eines Projektaufrufs haben wir uns als IBA zunächst einen Überblick verschafft, welche Akteure aktiv sind, welche Vorhaben angedacht waren. Hier haben wir Gespräche und Hilfe geleistet, Projekte zu formatieren und zu realisieren. Mit den LeergutAgenten beispielsweise haben wir eine Initiative angestoßen, die den Leerstand als Ressource betrachtet und ihm in einer Netzwerkstruktur gegenseitiger Beratung und Hilfe begegnet. Die Beteiligten übernehmen vor allem beratende Funktionen bei der Wiederbelebung von Gebäuden, zur Unterstützung von Initiativen und dies stets im Interesse des Gemeinwohles. Auch unser Team hat mit dem Bezug des Eiermannbaus in Apolda einen prominenten Leerstand wiederbelebt. Wir haben uns der ungenutzten Immobilie angenommen und wollen als Placemaker zeigen, dass sich auch in einer Mittelstadt ein Kreativort entwickeln kann. Darüber hinaus erproben wir einen ressourcenschonenden Umgang mit dem Bestand – stets unter dem Motto: Wie wenig ist genug?

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Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Vom ersten Tag meines Studiums bis heute mache ich etwas, was ich gern tue. Und ich fand es an keinem einzigen Tag langweilig. Das liegt vielleicht auch daran, dass Stadtentwicklung ein so großes Feld ist. Die Stadtplanung hat verschiedene Quellen, das Ingenieurwesen, die Architektur und Städtegestaltung, die Auseinandersetzung mit sozialen Prozessen und ökonomischen Strukturen - dass man das immer zusammendenken muss, finde ich ein unglaublich schönes Aufgabengebiet.

Aber viel zu oft ist unser Blick in die Städte und nicht nach außen gerichtet. Wir haben territoriale Logiken nicht in gleicher Weise entwickelt, wie wir urbane Logiken bereits seit vielen Jahrzehnten ausgearbeitet haben. Aber wenn wir über die Bauwende reden und den dazu nötigen, umfassenden Wandel hin zur Nachhaltigkeit, dann kriegen wir das nicht hin, ohne die Perspektive aufs Land zu erweitern. Das gehört auf die Agenda, das ist überfällig. Wir haben zu wenig Achtsamkeit, Aufmerksamkeit, Respekt und raumbezogene Strategien entwickelt für die ländlich geprägten Räume. Das treibt mich um.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Stadt und Land sind sich ähnlich geworden. Ich bemerke allerdings, dass wir zu wenig Forschung, Empirie und Imaginationen dafür haben. Rem Koolhaas hat 2020 in seiner New Yorker Ausstellung „Countryside“ darauf hingewiesen, dass wir durch den ständigen Fokus auf die Städte verpassen, was sich gerade auf dem Land ändert.

Wir haben zu lange außer Acht gelassen, dass wir uns mehr um regionale Zusammenhänge und natürliche Kreisläufe wie auch Stoffströme kümmern müssen. Nachhaltigkeitsthemen müssen zentral sein. Dafür müssen wir konkrete raumbezogene Strategien entwickeln, um zukunftsfähig zu sein und natürlich auch, um den oft und offensiv vorgetragenen Unzufriedenheiten zu begegnen. Die Menschen brauchen konkrete Anknüpfungspunkte aus ihrem Lebensalltag. Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu erhalten, halte ich es für essenziell, Gestaltungsoptionen aufzuzeigen.

Ich trage unser Thema StadtLand der Nationalen Stadtentwicklungspolitik an. Deswegen möchte die Stadt Jena den Bundeskongress 2023 nach Thüringen einladen und die IBA Thüringen wird ihre Ergebnisse präsentieren.

Weiterführendes:

IBA Thüringen

Podcast "stadt:radar", Folge 10: Transformation gestalten - wie groß müssen wir denken und handeln?"

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Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

André Neumann, Oberbürgermeister von Altenburg


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil gemeinsam bedeutet: am Menschen und zukunftsorientiert.“


Portraitfoto von André Neumann auf einem Bürgersteig mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund André NeumannQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Heinrich Voelkel

Nicht Koch, nicht Lokführer, Bürgermeister – das stand für André Neumann schon in der 7. Klasse als Berufswunsch fest. Der gebürtige Altenburger arbeitete seitdem auf die Erfüllung dieses Wunsches hin. Er studierte BWL, arbeitete als Personaler und als Prokurist und blieb trotz kurzer beruflicher Exkurse seiner Stadt treu. Seit 2009 ist er Mitglied des Stadtrates und seit 2018 Oberbürgermeister.

Die idealisierten kindlichen Vorstellungen von der Rolle und den Handlungsspielräumen eines Bürgermeisters sind natürlich längst den Herausforderungen der Realpolitik gewichen. Und doch ist da die Chance, als Oberbürgermeister die treibende Kraft in der Stadtentwicklung zu sein. Die Möglichkeit, etwas bewegen zu können und die wichtige Aufgabe, Akteure zusammen zu bringen. Er nutzt die Chance, gemeinsam mit dem Stadtrat und den Bürgerinnen und Bürgern Stadt zu machen - für ein Altenburg, in dem mehr Menschen bleiben wollen als wegziehen.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Mein Kontakt zur Nationalen Stadtentwicklungspolitik entstand über das Projekt Stadtmensch, Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik im Rahmen des Projektetaufrufes „Stadt gemeinsam gestalten! Neue Modelle der Quartiersentwicklung“. Ich war von Anfang an involviert: Alle zusammen haben wir den Letter of Intend geschrieben, die Kommission auf ihrer Tour vor Ort betreut und die Sache somit auf den Weg gebracht. Als schrumpfende Stadt - unsere Bevölkerung ist seit 1990 um 18.000 gesunken – wollen wir so viele Menschen wie möglich mitnehmen bei den Entwicklungen. Wir wollen ihnen einen Grund zu geben, gern in Altenburg zu leben und zu bleiben. Interessant war für uns, die Vernetzung von Bürgern, Politik und Projekten als Gemeinsames zu begreifen. Wir haben es als Chance gesehen, als Kommune nicht allein vor den Herausforderungen der heutigen Zeit zu stehen. Unsere Stadtgesellschaft ist zum zentralen Akteur des Wandels geworden.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Der Prozess wird bei uns außerhalb der Verwaltung angestoßen. Die Ideen kommen aus der Stadt und genau da wollen wir sie abholen. Von oben finanzieren, von unten die Ideen fördern, das gefällt mir sehr gut. Da haben wir mit den Stadtmenschen eine gute Basis. Wenn aber dort nicht gefördert werden kann, dann prüfen wir, ob die Stadt einspringen kann. Mit einer digitalen, transparenten Verwaltung wollen wir Hemmschwellen verringern und den Bürgern näher sein. Erwähnenswert ist z.B., dass wir den Haushalt für die Vereinsförderung in den letzten drei Jahren verdreifacht haben. Alles was Stadtleben ist, das Immaterielle, hat einen größeren Fokus bekommen als immer „Stein auf Stein“, also das Bauen.

Unsere Stadtentwicklungspolitik hat das Ziel, Menschen zusammenzubringen. Wir wollen niederschwellig zum Mitmachen anregen. Das schließt natürlich ein, dass wir zu den Menschen gehen und nicht warten, dass sie ins Rathaus kommen. Wichtig für Stadtentwicklung ist: Es muss Spaß machen!

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Wer kann schon in seiner Heimatstadt Oberbürgermeister sein? Tatsächlich ist das für mich Motivationsfaktor Nummer eins. Ich möchte, dass unsere Kinder Altenburg lebenswert finden, hier ihre Zukunft sehen und nach ihrer Ausbildung zurückkommen. Wir wollen weniger Menschen verlieren und auch neue hinzugewinnen. Wir wollen den Wunsch wecken, nach Altenburg zu ziehen. Und dafür planen wir vom Menschen ausgehend. Er steht im Mittelpunkt. Das wird dann auch Investoren anziehen.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Die Förderpolitik in Deutschland ist stark aufs Bauen fixiert statt auf die Menschen. Es muss einfacher werden, für und mit den Menschen Stadtentwicklung zu betreiben. Wir brauchen mehr Mut, auch mal ins Risiko zu gehen, wenn wir in Infrastruktur und Grün investieren.

Und die Bildung ist natürlich wichtig. Da müssen wir zukunftsgerichteter denken und die Kinder moderner mitnehmen. Die, die wir schon im Bildungssystem verlieren, verlieren wir letztlich für die Gemeinschaft und für die gemeinsame Stadtentwicklung. Wir müssen die Gruppe derer verkleinern, die sich abgehängt fühlen und versuchen, alle mitzunehmen. Wir brauchen Fächer, die die Jugendlichen praxisfitter machen und die eindeutig zukunftsorientiert sind. Warum haben wir nicht das Fach Stadtentwicklung?

Ich weiß, dass viele Jugendliche mitwirken wollen in der Demokratie, sich aber vor bürokratischen Hürden scheuen. Sie möchten kurzfristigere Entwicklungen und Lösungen. Vereinsstrukturen sind da oft nicht hilfreich. Wir müssen es schaffen, dass die Zusammenarbeit mit Menschen, die vielleicht nicht besonders politisch interessiert sind aber sehr wohl an Stadtentwicklung, dass diese Zusammenarbeit einfacher wird. Wir müssen Wege finden, Menschen noch besser eingebunden werden. Noch gibt es dafür kein Patentrezept aber genau mit dieser Suche finden wir uns wieder in den Bestrebungen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik.

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Weiterführendes:

Webseite der Stadt Altenburg

Stadtmensch Altenburg

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Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Susann Seifert, Sozialunternehmerin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil es nur miteinander aus uns selbst heraus gelingt, die eigenen Interessen umzusetzen.“


Portraitfoto von Susann Seifert vor einer bröckelnden Hausfassade mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Susann SeifertQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Heinrich Voelkel

Von der Verwaltung in die Farbküche und weiter zum Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik: Bevor Susann Seifert Unternehmerin in ihrer Stadt wurde, arbeitete sie fast 20 Jahre bei der Stadtverwaltung - als persönliche Referentin des Oberbürgermeisters, in der Kämmerei und als Graffitibeauftragte im Vollzugsdienst des Ordnungsamtes. Sie traf Menschen, die sich (öffentliche) Räume aneigneten und z.B. zu Skater- und Grillplätzen oder zu ihren Aufenthaltsräumen machten. Und sie traf Sprüher, die Wände ungefragt nach ihren Vorstellungen gestalteten. Hier nahm die Liebe zum Graffiti ihren Anfang.

Susann Seifert begann, sich intensiv mit dem Thema Stadt zu befassen, auch mit Kriminalprävention und Architekturpsychologie. Sie ging der Faszination des Sprühens nach und gründete 2016 die Farbküche. Die Farbküche entwickelte sich schnell zu einem Treffpunkt der Stadtgesellschaft. Ein offenes Atelier und Coworking Space mitten in der Stadt – idealer Ort für Dialoge mit Kindern und Jugendlichen, Passanten, Nachbarn, Neugierigen, Vertretern von Städten und Gemeinden.

Susann traf Verbündete und wurde zur Mitinitiatorin des Projektes Stadtmensch, ein Pilotprojekt des bundesweiten Wettbewerbs „Stadt gemeinsam gestalten. Neue Modelle der Quartiersentwicklung“. Aus einem mit der Community gestalteten Stadtmensch-Festival wurde ein bundesweit beachtetes Projekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik. Und eine dauerhafte Institution, die die Einwohnerschaft langfristig in die Gestaltung ihrer Stadt einbezieht. Als Dach für all diese Aktivitäten entstand 2018 die „Erlebe was geht gGmbH“ - ein Sozialunternehmen für gesellschaftliches Mit-und Füreinander.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Da fallen mir zu allererst drei Worte ein: Ermöglichung, Netzwerk und Orientierung.

Mit der Auswahl als Pilotprojekt im Rahmen des Projektaufrufs der Nationalen Stadtentwicklungspolitik konnten wir unsere Idee einer ko-produktiven Stadt umzusetzen und erproben. Dafür sind wir überaus dankbar. Und wir sind sehr stolz darauf. Wir sind uns bewusst, dass das eine sehr besondere Chance war. Solch ein Engagement aus der Verwaltung heraus wäre mit Blick auf die Strukturen meines Erachtens nie möglich gewesen.

Neben uns wurden auch Initiativen aus Münster, Hannover und Nürnberg als Pilotquartiere ausgewählt. Hier können wir nun auf ein hilfreiches Netzwerk zurückgreifen. Mit der Teilnahme an den Bundeskongressen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik ist unser Netzwerk auf dem Gebiet der Stadtentwicklung inzwischen riesig und vielfältig.

Die Nationale Stadtentwicklungspolitik schafft als Impulsgeberin für integrierte Stadtentwicklung und mit der Neuen Leipzig-Charta akteurs- und ressortübergreifende Grundlagen für eine gemeinsame, zukunftsgerichtete integrierte Stadtentwicklung, an der wir uns orientieren können.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Stadt gemeinsam zu machen, ist fest in der DNA unseres Unternehmens „Erlebe was geht gGmbH“ verankert. Wir entwickeln Programme, Orte und Netzwerke für und mit Stadtmacherinnen und Stadtmachern, Gründungsinteressierten und allen, denen die gemeinsame Entwicklung unserer oder ihrer Stadt am Herzen liegt. Da bei uns der Slogan „Machen statt quatschen!“ ganz oben steht, setzen wir auch eigene Projekte und Aktionen um.

Über Kunst und Kreativität verbinden wir mit der Farbküche Menschen im öffentlichen Raum im Herzen der Stadt. Hier gestalten wir im Wortsinn gemeinsam mit Menschen vor Ort ihr unmittelbares Lebensumfeld mit der Sprühdose. Mit unserem Gemeinschaftsprojekt Stadtmensch gehen wir aktiv auf Menschen zu, binden Nachbarn ein und aktivieren die Stadtgesellschaft, eigene Ideen und Projekte umzusetzen. Hierfür bieten wir ihnen Raum, finanzielle Mittel, ein Netzwerk und Know-how, wir stärken sie und befähigen sie. Mit unserem Gründungslabor „Ahoi Altenburg“ beispielsweise belgeiten wir Gründerinnen und Gründer auf ihrem Weg zu ihrem gemeinwohlorientierten Unternehmen und schaffen damit wirtschaftliche Bleibeperspektiven. Mit „Schnitt und Schnittchen“, unserem soziokulturellen Friseursalon, lassen wir die in unserer Stadt verwurzelte Salonkultur buchstäblich wieder aufleben und verbinden schöne Haare mit Themen der Stadtentwicklung und -gestaltung.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Die Erfahrung, selbst wirksam zu sein und die Resonanz der Bürgerinnen und Bürger motivieren mich. Zeigen und erlebbar machen, was geht - mit vielen kleinen und großen Aktionen, gemeinsam mit ganz unterschiedlichen Menschen an verschiedenen Orten unserer Stadt oder auch über unsere Stadtgrenzen hinaus. Es macht einfach Spaß, theoretische Konzepte und Ideen zu realisieren. Ich engagiere mich, weil die Stadt uns allen gehört. Ich wünsche mir, dass sich immer mehr Menschen als Gestalterinnen und Gestalter ihrer Stadt sehen und ihre Vorstellungen und Wünschen einbringen. Das stiftet Identität, Identifikation und Gemeinschaft. Und nur so können die aktuellen Herausforderungen in unseren Städten und Gemeinden – auch im Sinne zukünftiger Generationen – bewältigt werden.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Großen Handlungsbedarf sehe ich nach wie vor in der Aktivierung der Stadtgesellschaft – auch „Inge von nebenan“ möchte ich mitnehmen. Ich wünsche mir eine weniger bürokratische Fördermittellandschaft, längere Förderdauern und mehr Vertrauen in Graswurzelinitiativen. Für schrumpfenden Regionen brauchen wir Nahversorgung, Bleibe-, Zuzugs-, Rückkehrperspektiven. Wir müssen noch mehr tun für resiliente Innenstädte und ganz wichtig sind dialogfördernde Verwaltungsräume, echte Beteiligung, Zwischennutzungen, Verfügungs- und Aktionsfonds sowie der angemessene Umgang mit Stadtmacherinnen und Stadtmachern – von der Sprache, über Arbeitshilfen und -orientierung, mehr Haushaltsmittel und Möglichkeiten zur Fortbildung.

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Weiterführendes:

Farbküche Altenburg

Stadtmensch Altenburg

Erlebe was geht

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Stephan Willinger, Stadtinnovationsforscher


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil aus dem Zusammentreffen junger und alter, wilder und bedächtiger Akteure spannende Impulse für eine vielfältige und zukunftsfähige Stadt entstehen.“


Portraitfoto von Stephan Willinger vor buntem Hintergrund mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Stephan WillingerQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Dawin Meckel

Empowerment, die Ermächtigung zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure, Städte aktiv mitzugestalten und zu entwickeln, steht im Mittelpunkt von Stephan Willingers Interesse. Von Beginn an begleitet der Stadtforscher als Projektleiter die Nationale Stadtentwicklungspolitik. Er hat Raumplanung in Dortmund, Berlin und Aix-en-Provence studiert, im städtebaulichen Referendariat Verwaltungen kennengelernt und dann einige Jahre in der Planungspraxis gearbeitet. Aber eigentlich haben Willinger Stadtsoziologie, Planungstheorien und alternative Ansätze im städtischen Alltagsleben schon immer mehr interessiert als Bauleitpläne.

Bei seiner Arbeit als Stadtforscher am Bundesinstitut für Bau-, Stadt-und Raumforschung (BBSR) fließen seit nunmehr 20 Jahren seine vielfältigen Erfahrungen und Erkenntnisse zusammen. Hier forscht er zu zivilgesellschaftlichen Projekten, ihren Motiven und Geschichten, Herausforderungen und Chancen. Im Fokus seiner Arbeit stehen vor allem die Stadtmacherinnen und Stadtmacher selbst - ob jung oder alt, unerfahren oder routiniert, in Eigeninitiative oder kollektiv unterwegs. Dabei hinterfragt Willinger oft auch tradierte Akteurskonstellationen in der Stadtentwicklung, mit dem Ziel, „informellen“ zivilgesellschaftlichen Aktivitäten, die zum Beispiel in Gemeinschaftsgärten, offenen Werkstätten aber auch in den großen Genossenschaften stattfinden, mehr Raum und Mitspracherecht einzuräumen. Durch eine stärkere direkte Einbindung der Zivilgesellschaft erhofft er sich, die urbane Transformation als kreativen und partizipativen Prozess voranzutreiben.

Neben seiner Tätigkeit als Forscher publiziert und schreibt Stephan Willinger u. a. für das Magazin stadt:pilot, hält Vorträge und lehrt an der TU Dortmund im Masterstudiengang Raumplanung Informellen Städtebau. Zudem engagiert er sich fortlaufend in freieren Projekten, deren Spektrum von der Stadt, über den künstlerischen Bereich, bis hin zur Spaziergangswissenschaft reicht.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Ich arbeite als Projektleiter für die Nationale Stadtentwicklungspolitik. Das bedeutet, dass ich aktuelle Herausforderungen sondiere, daraus Projektaufrufe konzipiere und die ausgewählten innovativen Praxisprojekte betreue und berate. Über die Pilotprojekte hinaus fördern wir im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik noch viele andere Projekte, Ausstellungen, Publikationen, Veranstaltungen. Da wähle ich aus, stelle Querbezüge her und hebe Aspekte hervor, die mir bedeutsam erscheinen … als eine Art Kurator. Die fachlichen Erkenntnisse vermittle ich dann an die Fachöffentlichkeit, über das Internet, im Magazin stadt:pilot oder in Vorträgen.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Mit meiner Arbeit im Bundesinstitut versuche ich, die Reaktionsfähigkeit von Städten und die Rahmenbedingungen für kooperative Stadtentwicklung zu verbessern, indem ich neue Sichtweisen und neue Akteurinnen und Akteure erforsche und bekannt mache, als Impuls für die Praxis. Vor zehn Jahren hätte z.B. noch niemand geglaubt, dass zivilgesellschaftliche Initiativen eine so wichtige Rolle in Stadtentwicklungsprozessen übernehmen können. Dazu hat die Nationale Stadtentwicklungspolitik beigetragen, weil wir von Anfang an diese Akteure unterstützt und mit ihnen neue Wege erprobt haben, an denen sich andere Städte nun orientieren können.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Ich empfinde Stadtentwicklung als ein unglaublich spannendes Arbeitsfeld, in dem ganz viele wichtige gesellschaftliche Themen zusammenkommen. Obwohl wir viele dieser Aufgaben schon kennen, haben uns gerade die letzten Jahre gezeigt, dass die Städte, ihre Probleme und Chancen immer wieder aus neuen Blickwinkeln betrachtet werden müssen. Es wird also nie langweilig…

Besonders motiviert mich, dass ich Menschen mit ungewöhnlichen Ideen dabei unterstützen kann, diese vorzustellen und auszuprobieren. Ihre Begeisterung und die vielfältigen überraschenden Projekte, die daraus entstehen, sind mein Antrieb.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Ich habe mich in den vergangenen Jahren besonders intensiv damit beschäftigt, wie Städte besser als bisher von den kreativen Impulsen zivilgesellschaftlicher Akteure profitieren können – vom einzelnen Bürger bis zur großen Genossenschaft. Das geht weit über Bürgerbeteiligung hinaus und betrifft alle stadtentwicklungspolitischen Handlungsfelder, vom Klimaschutz über Mobilität bis zum Wohnen. Hier bleibt immer noch viel zu tun, weil so mancher Platzhirsch nicht bereit ist, die Macht über sein Revier abzugeben und damit zukunftsfähige Lösungen blockiert.

Natürlich wird es immer Gegensätze geben, sie machen die Stadt ja auch aus. Wie der US-amerikanische Stadtsoziologe Richard Sennett schreibt: „Wir brauchen Städte, die unvollständig, fehlgeleitet, konfliktreich und nichtlinear sind.“ Es macht Spaß, dabei mitzumachen.

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Weiterführendes:

Playlist zur Kolumne im stadt:pilot 19, 2021

Webinar: Urbane Narrative. Geschichtenerzählen für Stadtmacher*innen

Die informelle Stadt des 21. Jahrhunderts. X-Town 2025 – Ein Szenario

Informeller Urbanismus, 2014

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Bettina Silbernagl, Lernnetzwerkerin


„Ich mache Stadt gemeinsam, weil nur im internationalen Austausch und Lernen voneinander integrierte Stadtentwicklung jenseits des Tellerrandes gelingt.“


Portraitfoto von Bettina Silbernagl vor buntem Hintergrund mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Bettina SilbernaglQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Dawin Meckel

Dr. Bettina Silbernagl hat schon auf fast jedem Kontinent gelebt und über viele Jahre im Bereich der Jugendförderung mit Fokus auf Beschäftigung, Gewaltprävention und Sicherheit gearbeitet. Heute schaut die überzeugte Grenzgängerin und promovierte Anthropologin (University College London) vor allem auf die Themen der integrierten Stadtentwicklungspolitik und hat die Stärkung der Zusammenarbeit von Kommunen, Ländern und Bund mit internationalen Partnern sowie die Nachbarschafts- und Gemeinwohlorientierung fest im Blick.

Seit 2016 leitet sie das Programm „Dialoge für Urbanen Wandel“ (D4UC) des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat bei der GIZ. Dort setzt sie sich dafür ein, den internationalen Austausch zur integrierten Stadtentwicklung zu fördern, die Umsetzung und den Ausbau nationaler Stadtentwicklungspolitiken und Innovation voranzutreiben. Sie unterstützt das BMI dabei, die Nationale Stadtentwicklungspolitik und die Neue Leipzig-Charta international zu diskutieren und voranzubringen.

Mit dem Ziel, Städte „von unten wie von oben“ lebenswert zu gestalten und gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Bürgerinnen und Bürger sowohl in Deutschland als auch in Kooperationsländern zu gewährleisten, legt Dr. Bettina Silbernagl vor allem viel Wert auf den (internationalen) Dialog und die Ko-Kreation von Lösungen für Zukunftsfragen. Im Rahmen transkontinentaler Reallabore werden städtische Maßnahmen für eine integrierte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung gemeinsam in der Umsetzung unterstützt. 

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Mit dem Projekt „Dialoge für den Urbanen Wandel“ stärken wir die kommunale Handlungsfähigkeit, um die städtischen globalen Zukunftsaufgaben zu meistern. Das gelingt nur durch internationale Kooperationsarbeit.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Indem ich transkontinentale Lernnetzwerke und Austauschformate zu integrierter Stadtentwicklung zwischen Praktikerinnen und Praktikern aus Deutschland, mit beispielsweise Ländern wie Südafrika, den USA und der Ukraine umsetze. Zentraler Bestandteil unserer Arbeit ist das kooperative Lernen, die sogenannte Peer Learning-Methode, in Präsenzworkshops, Vor-Ort Einsätzen und virtuellen Beratungsgesprächen. Unsere Erkenntnisse werden dann wiederum von der Nationalen Stadtentwicklungspolitik in ihren Programmen berücksichtigt.

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Der integrierte Ansatz der Projektarbeit, also der Mehrebenen-Dialog, die Zusammenarbeit mit allen Teilen der Gesellschaft, sowie die transnationalen Austauschformate bieten viel Raum für Experimente, Innovation und den offenen Austausch über Herausforderungen. Das fasziniert mich immer wieder aufs Neue.Gerade in der integrierten Stadtentwicklung geht es darum, alle Planungs- und Umsetzungsprozesse ganzheitlich zu gestalten mit einem Blick auf den Menschen selbst. Es macht also einen wesentlichen Unterschied, ob man in der eigenen Nachbarschaft alle Belange des täglichen Bedarfs gut erledigen kann, ob man sich auch nachts aufs Rad schwingen kann, ohne große Sorge um die eigene Sicherheit, oder ob man gemeinschaftlich mit den Nachbarn einen Beitrag zur Gestaltung des Quartiers leisten kann – oder ob all das nicht möglich ist.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Ich spreche mich ganz eindeutig für einen vertrauensvollen Mehrebenen-Dialog aus, um Kommunen und nationale Behörden in einen wahren Austausch zu bringen. Der Blick über den Tellerrand ist darüber hinaus aus meiner Sicht essenziell, um einerseits das eigene Handeln zu hinterfragen und es andererseits durch Erfahrungen anderer anzureichern.

Bei den Themen städtische Sicherheit, gleichwertige Lebensverhältnisse und lebenswerte Nachbarschaften sehe ich großen Handlungsbedarf. Zwei Jahrzehnte Leben und Arbeiten in so unterschiedlichen Städten wie München, London, Washington, Kampala oder Johannesburg haben mir gezeigt, wie wichtig der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Prävention von Gewalt sind. Hier gilt es, frühzeitig zu handeln und nicht zu warten, bis die Probleme ein dringendes Eingreifen erfordern. Das klare Bekenntnis zur Gemeinwohlorientierung der Neuen Leipzig-Charta sowie der Fokus auf benachteiligte Stadtquartiere der „alten“ Leipzig Charta bieten hier eine wunderbare normative Leitplanke, die dadurch auch bei nicht-EU Staaten auf großes Interesse stößt – von Chile über die Ukraine und Ägypten bis Südafrika. 

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Weiterführendes:

Dialoge für Urbanen Wandel

Länderkooperation der Nationalen Stadtentwicklungspolitik: D-USA

Länderkooperation der Nationalen Stadtentwicklungspolitik: D-Südafrika

Länderkooperation der Nationalen Stadtentwicklungspolitik: D-Ukraine

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Oliver Weigel, Politikstratege


"Ich mache Stadt gemeinsam, weil ich überzeugt bin, dass Stadtentwicklung starke Allianzen braucht.“


Portraitfoto von Oliver Weigel vor buntem Hintergrund mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Oliver WeigelQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Dawin Meckel

Oliver Weigel ist Leiter des Referates Stadtentwicklungspolitik im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und war u.a. maßgeblich an der Entwicklung der Neuen Leipzig-Charta beteiligt. Mit der Stadt Leipzig fühlt er sich nicht nur deshalb besonders verbunden. Leipzig war für ihn Labor der Stadtentwicklung in Deutschland, ein Beispiel dafür, welche große Rolle die Städte für unsere Zukunft spielen. Er unterbrach sein Studium 1990, um vor Ort zu sein und nahm wie in einem Brennglas die Dynamik und teilweise auch darwinistische Brutalität des Wandels, die Geschwindigkeit des Zusammenbruchs und die zugleich große Dynamik des Neuanfangs in der Stadt wahr. Heute weiß er, dass ihn diese Zeit geprägt und fachlich zur Stadtentwicklung geführt hat.

So kehrte der in Mannheim und Gießen ausgebildete Stadt- und Wirtschaftsgeograph dann auch für seine Promotion zurück. 1993 zog er nach Leipzig, und baute in der Leipziger Stadtverwaltung den Bereich Stadtentwicklung mit auf. In 13 Jahren wirkte er an großen Projekten in der Stadt mit, wie dem Wettbewerb um die Ansiedlung des neuen Werks der BMW AG 2001 oder der Bewerbung der Stadt um die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2012. Seit 2007 arbeitet Oliver Weigel im Bundesministerium und widmet sich der Stadtentwicklungspolitik auf Bundesebene.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik verbindet mich die Überzeugung, dass unsere Städte die Orte sind, an denen wir Herausforderungen begegnen, Chancen nutzen und unsere Zukunft gestalten. Dies kann nur gelingen, wenn alle Akteure zusammenarbeiten. Die Nationale Stadtentwicklungspolitik wird von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden gemeinsam getragen. Das ist ziemlich einmalig für eine politische Initiative und verdeutlicht, dass der sogenannte Mehrebenenansatz Teil unserer DNS ist. Darüber hinaus ist es eine der zentralen Forderungen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, die Erfahrungen der „nichtstaatlichen“ Stakeholder aus Zivilgesellschaft, Verbänden und Wirtschaft in die Strategieentwicklung einzubinden. So setzen wir den Gedanken der alten und der Neuen Leipzig-Charta um. Wenn man sich die Situation vor Einführung der Gemeinschaftsinitiative, also vor 15 – 20 Jahren, vor Augen führt, kann man sehen, wie weit wir diesbezüglich gekommen sind. Was aber nicht überdecken soll, dass wir auch noch weit zu gehen haben.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Mit meinen Kollegen im BMI und den Partnern in den Ländern und Kommunen bin ich für die Nationale Stadtentwicklungspolitik zuständig. Mit dieser von allen drei staatlichen Ebenen getragenen Initiative gestalten wir die Zukunft der Städte und Gemeinden. Wir glauben dabei natürlich nicht, dass alle Lösungen ausschließlich hier in Deutschland zu finden sind, deshalb orientieren wir uns sehr stark an den europäischen und internationalen Erfahrungen. 

Was motiviert Sie in Ihrem Job besonders?

Kurz gesagt: die Möglichkeit, komplexe und spannende Prozesse zu gestalten, strategische Ziele zu definieren und umzusetzen und dabei mit einer Vielzahl von Akteuren in direktem Kontakt zusammenzuarbeiten. Gerade der letzte, sehr wichtige Punkt ist nicht selbstverständlich, wenn man auf der Bundesebene arbeitet.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Die Neue Leipzig-Charta fordert, dass Stadtentwicklungspolitik gemeinwohlorientiert gestaltet wird. Das darf keine Worthülse bleiben! Es ist wichtig dafür Sorge zu tragen, dass vor dem Hintergrund der knapper werdenden öffentlichen Mittel der Zugang zu Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge auch in schwierigen Zeiten garantiert bleibt. Gerade in schwierigen Phasen mit komplexen Problemlagen ist das integrierte Handeln unerlässlich. Und bei den weltweit immer stärker werdenden Urbanisierungsprozessen ist es wichtig, auch international Verantwortung zu übernehmen und von den weltweiten Erfahrungen zu lernen.

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Weiterführendes:

Die Neue Leipzig-Charta

Oliver Weigel im Podcast stadt:radar über Gemeinwohlorientierung und die Gerechte Stadt

Oliver Weigel im Interview zur Neuen Leipzig-Charta im stadt:pilot

Memorandum „Urbane Resilienz – Wege zur robusten, adaptiven und zukunftsfähigen Stadt“

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

Leonie Nienhaus, Quartiergemeinwohlentwicklerin


"Ich mache Stadt gemeinsam, weil gemeinwohlorientiertes Stadtmachen auf Augenhöhe der Treibstoff für eine faire, gesunde, zukunftsfähige und lebendige Entwicklung unserer Städte ist."


Portraitfoto von Leonie Nienhaus vor einer Klinkerfassade mit Schriftzug macht Stadt gemeinsam! auf orangenem Grund Leonie NienhausQuelle: BBSR/OSTKREUZ: Dawin Meckel

Leonie Nienhaus liebt urbane Gartenprojekte und schätzt gesunde Ernährung. Die studierte Kommunikations- und Erziehungswissenschaftlerin gärtnerte in Münster bereits für GrüneBeete e.V., für und mit geflüchteten Menschen und baute deutschlandweit in Kitas und Grundschulen Hochbeete. Als Tutorin für Oecotrophologie fragte sie bei Streifzügen in Münster: Wie essbar ist meine Stadt? Alternative Flächennutzung verknüpft mit gesunder, lokaler, saisonaler Ernährung und Bildung – das ist es, was Leonie Nienhaus interessiert. Offenen Auges sammelt sie urbane Inspirationen – von Odonien in Köln bis zu Christiania in Kopenhagen - und hörte so auch von der Idee des B-Side-Kollektivs, den Hill-Speicher im Münsteraner Mittelhafen zum soziokulturellen Quartierszentrum für das Hansaviertel umzubauen. Ein perfekter Ort für ein Dachgewächshaus – und Ausgangspunkt für noch viel mehr.

So arbeitete Leonie Nienhaus mit dem B-Side-Kollektiv am Förderantrag für das „Hansaforum“ – das 2018 dadurch zum Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklung für gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung wurde. Leonie Nienhaus ist nun verantwortlich für die Organisation der Konvente, dem zentralen, halbjährlich stattfindenden demokratischen Element des Hansaforum, und für die Öffentlichkeitsarbeit der Initiative.

Was verbindet Sie mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik?

Durch die Zuwendung auf den Projektförderantrag „Stadt gemeinsam gestalten, neue Modelle der Quartiersentwicklung“ der Nationalen Stadtentwicklungspolitik habe ich erlebt, dass wir etwas bewegen können. Wir können unseren Teil beitragen hin zu einer zukunftsfähigen, ökologisch nachhaltigen und sozial fairen Gesellschaft.

Wie machen Sie Stadt gemeinsam?

Wir machen in unserem Alltag Stadt gemeinsam und auf Augenhöhe - im Team, im Quartier bei unseren Konventen und im Hansa-Gremium. Der zentralste und wichtigste Ausgangspunkt hierbei ist unsere Haltung. Wir agieren auf allen Ebenen hierarchiearm, im gegenseitigen Respekt miteinander. Dazu wenden wir Methoden der Soziokratie 3.0 an.

Zu unseren „Hansa-Konventen“ kommen die Menschen aus unserem Viertel zusammen – die Viertelmenschen – und tauschen sich über Werte und Ziele der Entwicklungen unseres Stadtteils aus. Dafür haben wir den Quartier-Gemeinwohl-Index eingeführt, mit dessen Hilfe wir Projekte aus dem Quartier identifizieren, die wir umsetzen möchten. Im Hansagremium entscheiden die Menschen aus unserem Stadtteil dann gemeinsam mit der Politik und Verwaltung über Förderungen einzelner Projekte.

Was motiviert Sie in besonders?

Ich fühle mich frei, lebendig und fair behandelt, weil ich unsere gemeinsame Zukunft mitgestalten kann, im Hier und Jetzt, in meinem direkten Lebensumfeld – dem Quartier. Allein kann ich das nicht. In einer Gruppe können wir Kraft der Schwarmintelligenz immer bessere Lösungen für die Komplexität der auf uns zukommenden Herausforderungen finden. Hinzu kommt die Begegnung auf Augenhöhe in einer diversen Gruppe, in der das gemeinsame Tun nicht nur den sozialen Kitt stärkt und die Entfaltung transformatorischer Kräfte ermöglicht, sondern mir die Sicherheit sowie das Vertrauen gibt, Unvorhersehbares in der Zukunft handhaben zu können.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Meine Themen sind ganz klar die komplexen Fragestellungen unseres Zusammenlebens, also: koproduktive Stadtentwicklung, Gemeinwesen und Gemeinwohlorientierung, soziale Transformation, Klimaschutz, bezahlbarer Wohnraum, städtische Infrastruktur, WC und Müll.

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Weiterführendes:

Hansaforum Münster

Grüne Beete e. V.

Projektaufruf „Stadt gemeinsam gestalten! Neue Modelle der Quartiersentwicklung“

Mehr Menschen, die Stadt gemeinsam machen, finden Sie u. a. hier:

Porträt-Serie „Ich mache Stadt gemeinsam, weil …“

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