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Viernheim „Oststadt“

(Hessen)

Reaktivierung einer stillgelegten Güterbahnstrecke

In Viernheim wurde zur Vermeidung des Lkw-Verkehrs eine stillgelegte Bahnstrecke für den Güterverkehr reaktiviert. Durch den Einsatz von Zwei-Wege-Fahrzeugen wurden die Sanierungs- und Instandhaltungskosten für die Strecke deutlich reduziert.

Kontext

Blick auf die GütergleisstreckeQuelle: Stadt Viernheim

Viernheim hat sich 1994 zu einer wesentlichen Verminderung des CO2-Ausstoßes verpflichtet. Um dies zu erreichen verfolgt die Stadt eine ökologisch orientierte Stadtentwicklung und eine Verkehrspolitik, die den Umweltverbund fördert und versucht, den motorisierten Individualverkehr stadtverträglich zu bewältigen.

Die Stilllegung der Güterbahnstrecke Weinheim-Viernheim stellte die Stadt im Jahr 2002 vor eine große Herausforderung. Der zuvor dort abgewickelte Gütertransport verlagerte sich auf die Straße. Vor diesem Hintergrund wurden die Möglichkeiten zur Reaktivierung der Strecke mit dem Ziel geprüft, den Güterverkehr wieder von der Straße zurück auf die Schiene zu verlagern.

Projektbeschreibung

Die stillgelegte Bahnstrecke Weinheim-Viernheim wurde im Jahr 2003 zur Übernahme durch Dritte angeboten. Das Land Hessen bemühte sich im Rahmen des Landesprogramms zur Förderung des Schienengüterverkehrs um die Reaktivierung. Ein vor Ort ansässiges nichtbundeseigenes Eisenbahnunternehmen hatte Interesse an der Fortführung des Betriebs.

Nach der Erarbeitung eines innovativen Betriebskonzeptes, das die Betriebs- und Instandhaltungskosten senkt, wurde im Jahr 2004 der Schienengüterverkehr wieder aufgenommen. Der Betrieb zwischen Weinheim und Viernheim erfolgt seitdem durch die Privatbahn Con-Train. Im Fernverkehr ist die Railion (Nachfolgeunternehmen der DB Cargo) für den Gütertransport zuständig. Durch den Einsatz von sogenannten Zwei-Wege-Fahrzeugen war es möglich, die Sanierungs- und Instandhaltungskosten für die Strecke deutlich zu reduzieren. Diese Fahrzeuge fahren auf Straßen und Schienen, sodass die Sanierung der für den Lokwechsel erforderlichen Weichen entfallen konnte. Dadurch konnte eine ausreichende Wirtschaftlichkeit gesichert, der Güterverkehr weitestgehend auf die Schiene verlagert und der LKW-Verkehr innerhalb der Stadt reduziert werden.

Das Projekt wurde in Kooperation der öffentlichen Hand (Land, Kreis und Stadt), der Deutschen Bahn AG (DB AG) und der Privatwirtschaft umgesetzt. Die Finanzierung wurde durch die öffentliche Hand (Sanierungskosten) und die Privatwirtschaft (Betriebskosten) gesichert. Die DB Netz beteiligte sich indirekt durch günstige Übernahmekonditionen. Im Rahmen des Landesprogramms zur Förderung des Schienengüterverkehrs wurden 75 % der Sanierungskosten übernommen. Die Stadt Viernheim beteiligte sich mit etwa 95 000 Euro. Die Betriebskosten (Pacht / Instandhaltung) wurden für fünf Jahre durch Privatunternehmen, Bahn und den Landkreis getragen. Ein fünfjähriger Transportvertrag garantierte eine Mindesttransportmenge. Der Privatbetreiber Con-Train beteiligte sich an den Betriebskosten und trug die Kosten für die Erarbeitung und Abstimmung des Betriebskonzepts, die Ermittlung der Sanierungskosten, die Planungsarbeiten, die Besicherung der Fördersumme und den Fahrbetrieb (Fahrzeuganschaffung / Genehmigungen). Auch trägt Con-Train als Streckenbetreiber das Risiko von Kostenerhöhungen bei Sanierung und Instandhaltung.

Projektchronologie

JahrEreignis
2002Stilllegung der Gütergleisstrecke Weinheim-Viernheim
2003Stecke wird Dritten zur Übernahme angeboten
2004Schienengüterverkehr wird wieder aufgenommen

Ziele

  • Sicherung von Arbeitsplätzen in der Region
  • Sicherung des Schienengüterverkehrs
  • Abbau von Umwelt- und Verkehrsbelastungen
  • Umweltschonende und verträgliche Bewältigung des Stadtverkehrs
  • Verlagerung von Güterverkehren zurück auf die Schiene
  • Entwicklung eines tragfähigen Betriebskonzepts
  • Wirtschaftlicher Streckenbetrieb

Maßnahmen

  • Sanierung der Streckeninfrastruktur
  • Erarbeitung eines Betriebskonzepts
  • Einsatz von Zwei-Wege-Fahrzeugen
  • Erarbeitung eines Finanzierungskonzepts
  • Transportvertrag mit garantierter Mindesttransportmenge

Innovationen

Blick auf ein sogenanntes Zwei-Wege-Fahrzeug auf der SchieneQuelle: Stadt Viernheim

Das Projekt zeigt, dass durch Kooperationen und neue Konzepte der Erhalt von Schienenstrecken und damit die Vermeidung von Lkw-Verkehr in den Städten möglich sind. Mit der Nutzung eines Zwei-Wege-Fahrzeuges konnte die Wirtschaftlichkeit des Projekts gesteigert und somit der Transport über die Schiene ermöglicht werden.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure. Nachdem der Nutzen für die einzelnen Beteiligten verdeutlicht wurde, ist in einem kooperativen Verfahren die Finanzierung sichergestellt worden. Durch die Einbeziehung privater Unternehmen bei der Erhaltung von Gleisstrecken konnten Mindesttransportmengen festgelegt und die Beteiligung an der Finanzierung der Maßnahme sichergestellt werden.

Für die beteiligten öffentlichen Akteure bot das Projekt die Chance, Arbeitsplätze in der Region sowie die Option des Schienengüterverkehrs zu sichern und sich die Möglichkeit eines eventuellen Schienenpersonennahverkehrs offen zu halten.

Quellen

  • Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Herausgeber): Vernetzung im Verkehr. Gute Beispiele der Verbesserung von städtischen Quartieren. BBR-Sonderveröffentlichung, Bonn 2008. Vernetzung im Verkehr

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: Viernheim "Oststadt"

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 68519 - Ort: Viernheim - Straße: Lilienthalstrasse 12.

Letzte Änderung: 03.05.2017

Zusatzinformationen

Akteure

Datensatz eingestellt am 05.02.2010 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

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