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Schöneiche bei Berlin „Waldgartengemeinde“

(Brandenburg)

Gemeinde setzt auf Ökologie und Qualität statt auf quantitatives Wachstum

In der Gemeinde Schöneiche bei Berlin wird der Erhalt der natürlichen Umgebung als wesentlich bewertet für ein schnelles Wachstum. Vielfältige Projekte in den Bereichen Orts- und Freiraumgestaltung, Umwelterziehung und ökologisches Bauen werden in Kooperation mit den Einwohnern durchgeführt und schaffen ein breites Umweltbewusstsein. Gleichzeitig fördern die Maßnahmen den Naherholungstourismus als wirtschaftliches Standbein.

Kontext

Blick auf einen ehemaligen FutterspeicherQuelle: Angelika Fischer

Die Gemeinde Schöneiche (12.000 Einwohner) liegt östlich von Berlin im Landkreis Oder-Spree und trägt wegen ihres Reichtums an Waldflächen und Parks den Beinamen „Waldgartengemeinde“. Der nach der Maueröffnung einsetzende Siedlungsdruck im Umfeld des Ballungsraums Berlin erfasste auch Schöneiche und ließ eine starke Bevölkerungszunahme erwarten. Vor dem Hintergrund der Stadtrandwanderung ging der vorläufige Flächennutzungsplan von einer zukünftigen Einwohnerzahl von 25.000 aus.

Projektbeschreibung

Parkralley für KinderQuelle: Wolfgang Cajar

Die Bedrohung des „Waldgarten-Charakters“ durch ein expansives Siedlungswachstum führte 1992 zur Entscheidung für eine ökologisch orientierte Ortsentwicklung. Anstelle von Einwohnerzuwachs setzte man bewusst auf eine Flächen schonende und qualitätsvolle Entwicklung und begrenzte die angestrebte Einwohnerzahl auf 15.000.

Um die Landschaft vor weiterer Zersiedlung zu schützen, wurden primär innerörtliche Flächen durch Neubebauung nachverdichtet. So enthält zum Beispiel ein seit Januar 2003 rechtskräftiger „ökologischer“ Bebauungsplan für ein 6,1 Hektar großes, neues Wohngebiet umfangreiche Vorgaben zur Siedlungsökologie und basiert auf umweltfreundlichen Planungsgrundsätzen.

Die Verkehrsbelastung soll durch das Angebot von „Park & Ride“- Anlagen mit Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr nach Berlin reduziert werden. In den Wohngebieten wird durch Tempolimits eine Verkehrsberuhigung erreicht. Zudem wird der Betrieb einer bestehenden, historischen Straßenbahn nach Berlin-Friedrichshagen bezuschusst.

Die aus vielen Einzelmaßnahmen bestehende Strategie wird von Vereinen, Initiativen, BürgerInnen, PolitikerInnen und der Gemeindeverwaltung gleichermaßen getragen. Dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet, wird die bewusste Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in das Ortsentwicklungskonzept praktiziert. So wurde zum Beispiel die Gestaltung des 45.000 m² umfassenden „Kleinen Spreewaldparks“ im Ortszentrum zusammen mit Schulen und Kindergärten bzw. in Ferienfreizeiten durchgeführt. Inzwischen wurde der Park zu einem Zentrum naturnaher Umweltbildung für Kinder aller Altersgruppen aus der weiteren Umgebung von Schöneiche. Gegenwärtig bemühen sich einzelne Fraktionen der Gemeindevertretung und Vereine um eine gemeindeeigene Satzung zum Schutz des Baumbestandes auf öffentlichen und privaten Grundstücken verbindlich einzuführen.

Im Rahmen eines Selbsthilfeprojektes wurde die „Landhof“- Siedlung in Holz-Lehmbauweise für 13 kinderreiche Familien errichtet. Die Verwendung des Lehm-Aushubs als Fassadenmaterial, der Einbau von Komposttoiletten und der Bau einer Pflanzenkläranlage gehören zu den besonderen Merkmalen. Der Neubau dreier Kindertagesstätten erfolgte ebenfalls in ökologischer Holz- Lehm- Bauweise. Die neu errichtete Feuerwache erhielt eine Erdwärmeheizung und ein begrüntes Dach. In Umsetzung der Park- und Grünanlagensatzung ist der Jägerpark entwickelt worden. Dies erfolgte unter Verwendung der Preisgelder des „TAT- Orte“- Wettbewerbs. Die Konzeption zum Erhalt des Schlossparks wird schrittweise umgesetzt.

Für die ökologisch orientierte Ortsentwicklung durch einen beispielgebenden Konsultations- und Kooperationsprozess zwischen Gemeindeverwaltung und einer Vielzahl lokaler Akteure wurde Schöneiche in den Jahren 1997 und 2000 mit dem „TAT- Orte“- Prädikat der Bundesstiftung Umwelt und des Deutschen Instituts für Urbanistik ausgezeichnet.

Projektchronologie

JahrEreignis
1992„Entscheidung“ zum Wandel der Entwicklungsziele
1994-96Bau der Landhofsiedlung
ab 1998Entwicklung des „Kleinen Spreewaldparks“ (Eröffnung 2000)
1998-2003Aufstellung des ökologischen Bebauungsplans „Berliner Straße-Süd“
2003-2006Errichtung gemeindeeigener Bauwerke nach ökologischen Standards

Ziele

Blick auf eine SteinmauerQuelle: Angelika Fischer

  • Nachhaltige Entwicklung der Gemeinde zum Erhalt des „Waldgarten-Charakters“
  • Reduktion der Flächeninanspruchnahme durch behutsame Nachverdichtung im Innenbereich
  • Identifikation der Bevölkerung mit den Naturpotenzialen vor Ort
  • Breite Verankerung eines Bewusstseins für Umweltbelange
  • Profilierung als ökologisch orientierter Naherholungsbereich für Berlin

Maßnahmen

Blick auf eine LandhofsiedlungQuelle: Cornelia Rösler

  • Nachverdichtung
  • Umweltbildung und -erziehung
  • Aufwertung der Ortsmitte als Identifikationspunkt
  • Tourismuskonzept mit ökologischen Kriterien
  • Nachhaltiges Verkehrskonzept: Verkehrsberuhigung in den Wohngebieten, „Park&Ride“- Anlagen,
  • Weiterentwicklung des „Kleinen Spreewaldparks“
  • „Ökologischer Bebauungsplan“ mit Festsetzungen wie: minimierte Erschließungsflächen, verdichtete, autofreie Kernzone, Vielfalt der Bauformen, Ausrichtung der Baukörper
  • Fertigstellung des Jägerparks
  • Umsetzung der Schlossparkkonzeption

Innovationen

Außergewöhnlich an diesem Projekt ist, dass eine Gemeinde den Mut hat, nicht der verbreiteten Wachstumsphilosophie zu folgen und statt dessen konsequent die endogenen Potenziale stärkt und dadurch auch wirtschaftlich eine Perspektive für sich erkennt. Alle Akteure tragen durch Eigeninitiative, Gemeinschaftsaktivitäten und Kooperationen zur nachhaltigen Gemeindeentwicklung bei.

Quellen

  • Projektbeschreibung: Projektbeschreibung Schöneiche
  • Deutsches Institut für Urbanistik (2000): TAT-Orte 2000, Gemeinden im ökologischen Wettbewerb. Berlin. (Projektbeschreibung, Foto 1, 2+4)
  • Deutsches Institut für Urbanistik (2001): TAT-Orte. Infobrief 3/2001. Berlin. (Foto 3)
  • Berichte zu den TAT-Orte-Preisen 1997 und 2000: "TAT-Orte"

Weiterführendes

  • Zur historischen Straßenbahnlinie Schöneiche- Rüdersdorf: Tram 88 e.V.

Projektstandort auf Google-Maps: Schöneiche bei Berlin "Waldgartengemeinde"

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 15566 - Ort: Schöneiche bei Berlin - Straße: Landhof 13.

Letzte Änderung: 03.05.2017

Zusatzinformationen

Akteure

  • Gemeindeverwaltung Schöneiche, Brandenburgische Straße 40, 15566 Schöneiche bei Berlin, Herr Jüttner, Tel. 030/6433040; eMail: info@schoeneiche-bei-berlin.de, Web: http://www.schoeneiche-bei-berlin.de
  • Naturschutzaktiv Schöneiche e.V., Dr. Wolfgang Cajar, Waldstraße 45a, 15566 Schöneiche, Tel. 030/6498343
  • Landhofsiedlung WEG, Kontakt: Evelyn Erler, Landhof 13, 15566 Schöneiche

Datensatz eingestellt am 01.06.2003 im Rahmen des Forschungsauftrages „Innovative Projekte im Städtebau“ (IProS) vom Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtplanung, RWTH Aachen und aktualisiert vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) .

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