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Nördliches Fichtelgebirge "Interkommunales Stadtumbau-Management"

(Bayern)

Neun Städte und Gemeinden in Hochfranken haben sich zur Bewältigung des wirtschaftlichen und demografischen Wandels 2006 zu einer interkommunalen Kooperation zusammengeschlossen. Auf Grundlage eines Interkommunalen Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes für die Region „Nördliches Fichtelgebirge“ erfolgt eine enge Zusammenarbeit auf vielen Ebenen, die durch ein Stadtumbau-Management koordiniert und befördert wird.

Kontext

Schrägluftbild von Westen auf das Winterling-Areal in Kirchenlamitz Quelle: Stadt Kirchenlamitz

Die Region "Nördliches Fichtelgebirge", in Ostbayern, umfasst die Städte Kirchenlamitz, Marktleuthen, Schönwald, Schwarzenbach a. d. Saale und Weißenstadt, die Gemeinde Röslau, sowie den Markt Oberkotzau, den Markt Sparneck und den Markt Zell. Die beteiligten Kommunen – als Unter- oder Kleinzentren eingestuft – weisen zwischen ca. 1.700 und ca. 7.800 Einwohner auf, insgesamt hat der Zusammenschluss ca. 35.000 Bewohner.

Die neun Kommunen der Kooperation liegen in den beiden Landkreisen Hof und Wunsiedel im Raum "Hochfranken", der zu den in besonderer Weise unter den Folgen des wirtschaftlichen Strukturwandels leidenden Regionen in Westdeutschland zählt. Der weitgehende Zusammenbruch der ehemals dominierenden Porzellan, Textil und Stein verarbeitenden Industrie hat zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten und in der Folge zu Abwanderungsprozessen geführt. Alleine zwischen 1995 und 2005 ist die Beschäftigtenzahl um 40 % von ehemals 11.500 auf 7.000 zurückgegangen. Im selben Zeitraum wies die Region einen Rückgang der Bevölkerung um 6,5 % oder 2.500 Einwohner auf. Die Folgen sind offensichtlich. Neben einer Vielzahl aufgelassener Industrieareale sind u. a. Leerstände und Unternutzungen von Wohn- und Infrastrukturgebäuden zu verzeichnen. Diese ausgeprägten städtebaulichen Missstände waren 2006 Anlass, die interkommunale Kooperation im Städtebauförderungsprogramm Stadtumbau West aufzunehmen und als Basis ein interkommunales Entwicklungskonzept "Zukunft Nördliches Fichtelgebirge" erarbeiten zu lassen. Das 2007 fertig gestellte und von den Parlamenten der beteiligten Kommunen beschlossene Konzept stellt die Grundlage für vielfältige interkommunale und kommunale Aktivitäten zur Bewältigung des wirtschaftlichen und demografischen Wandels dar. Die interkommunalen Aktivitäten werden von einem 2008 eingesetzten Stadtumbau-Management koordiniert, dessen Aufgaben u. a. in der Prozessteuerung, Öffentlichkeitsarbeit, konzeptionellen Konkretisierung, der Umsetzung investiver Projekte sowie im Monitoring des Prozesses liegen.

Projektbeschreibung

Einzelhandelsneubau auf dem ehemaligen Industrieareal Böhm in Schwarzenbach/Saale Quelle: Arge UmbauStadt

Die interkommunale Zusammenarbeit von neun Kommunen im "Nördlichen Fichtelgebirge" startete 2006 mit der Erarbeitung eines Interkommunalen Entwicklungskonzeptes, das neben einer breit angelegten Bestandsaufnahme ein Entwicklungsleitbild und ein Interkommunales Entwicklungskonzept umfasst. Das Konzept enthält wiederum Projektvorschläge für die Handlungsfelder "Städtebau und Siedlungswesen", "Wirtschaft und Soziales", "Einzelhandel und Nahversorgung", "Natur und Landschaft, Grün- und Freiflächen" sowie "Tourismus und Freizeit". Weiterhin enthielt das Konzept erste Aussagen über Kooperationsmöglichkeiten der Städte, Märkte und Gemeinden sowie einzelne Überlegungen zur Umsetzung der Projekte in den genannten Handlungsfeldern. In der Folge wurde zum Erreichen einer effektiven Arbeitsstruktur zwischen Kooperation und Einzelkommune eine Unterscheidung in interkommunale und kommunale Aufgaben und Projekte vorgenommen. Für die Umsetzung der interkommunalen Aufgaben wurde 2008 ein Stadtumbau-Management von allen Kommunen beauftragt, wobei eine Leitkommune als Hauptansprechpartner und Abwicklungspartner dient. Den Auftrag des Managements erhielt ein externes Büro, das Personalressourcen in der Größenordnung von zwei Personalstellen zur Verfügung stellt und mindestens zweiwöchentliche Vor Ort-Präsenz garantiert. Die Koordinationsarbeit des Stadtumbau-Managements erfolgt in enger Zusammenarbeit mit einer regelmäßig tagenden Lenkungsgruppe, der die Bürgermeister der beteiligten Städte und Gemeinden angehören.

Die Schwerpunkte der Arbeit des Stadtumbau-Managements lagen in den ersten drei Jahren bei folgenden Themenschwerpunkten:

  • Leerstandsmanagement: Der Leerstand von Einzelhandels- und Gewerbeimmobilien sowie großflächige Industriebrachen ist sichtbare Folge des wirtschaftlichen Strukturwandels in der Region "Nördliches Fichtelgebirge". Leer stehende Immobilien und brach liegende Flächen wurden als Potenzialflächen detailliert erhoben und durch eine besondere Kooperation kostenfrei in der Gewerbeflächendatenbank SISBY (Standort-Informations-System Bayern) aufgenommen. Neben der Erfassung und Veröffentlichung von Angeboten verfolgen die Kommunen damit das Ziel, die Wahrnehmung der Leerstände als Potenzial der Region zu schärfen.
  • Förderung regenerativer Energien: Im Integrierten Entwicklungskonzept wurde ein interkommunales "Netzwerk Regenerative Energien" projektiert. Fünf der neun Kommunen kooperieren daher bei der Erarbeitung eines durch das Bundesministerium für Umwelt geförderten Kommunalen Klimaschutzkonzeptes. Das Ziel dieses Konzeptes ist es, die Nutzung regenerativer Energien in der Region zu fördern und neue Wertschöpfungsmöglichkeiten zu erschließen.
  • Tourismus: Das Stadtumbau-Management hat in Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen aus dem Touristikbereich touristische Pauschalangebote entwickelt, die von Fahrradferien über Porzellankurse bis zu Themenwanderungen reichen. Weiterhin konnte ein gemeinsamer Internetauftritt der neun Kommunen konzipiert und eine Personalstelle für Tourismusmarketing eingerichtet werden.
  • "Generation 1-2-3": Wichtiges interkommunales Betätigungsfeld ist die Erarbeitung und Umsetzung eines Altenhilfe- und Mehrgenerationenkonzeptes. Im Rahmen des 2008 gestarteten Modellvorhabens konnte die Bedarfslage erhoben werden und durch Umfragen und Bürgerforen Handlungsansätze formuliert werden. Mit der Umsetzung des Konzeptes wird das Ziel verfolgt, die Attraktivität der Region für ältere Menschen und für junge Familien zu erhöhen.
  • Kommunikation: Die Außendarstellung der Kooperation "Nördliches Fichtelgebirge" erfolgt zum einen über einen gemeinsamen Internetauftritt und zum anderen über die monatlich erscheinende Zeitschrift "Komm Mit!", die über aktuelle Projekte, Veranstaltungen und sonstige Aktivitäten der Kooperation bzw. einzelner Kommunen informiert. "Komm Mit!" wird kostenlos an alle Haushalte im Kooperationsraum verteilt.

Neben den vom interkommunalen Stadtumbau-Management verfolgten überörtlichen Ansätzen konnten bereits auch Bau- und Umgestaltungsprojekte in den einzelnen Kommunen der Kooperation mit Städtebauförderungsmitteln konzipiert und teilweise bereits abgeschlossen werden. Fertig gestellt wurden u. a. ein Informationspavillon im Zentrum von Marktleuthen und ein Gebäude für einen großflächigen Einzelhandelsanbieter auf einer ehemaligen Industriebrache in Schwarzenbach a. d. Saale. Platzgestaltungen wurden als "Neue Mitte" in Schönwald und als "Platz der Generationen" in Röslau umgesetzt. Studien zur Umnutzung von Industriebrachen liegen für das Summagelände in Oberkotzau und für die beiden Winterling-Areale in Kirchenlamitz und Schwarzenbach a. d. Saale vor. Die lokalen Umsetzungsprojekte zeigen, dass die Gemeinden bei ähnlichen Herausforderungen jeweils eine individuelle, den jeweiligen örtlichen Spezifika angemessene Lösung finden und der interkommunale Austausch die Suche danach befördert.

Projektchronologie

JahrEreignis
2006
Erarbeitung des Interkommunalen Entwicklungskonzeptes "Zukunft Nördliches Fichtelgebirge"
2006
Veröffentlichung der ersten Ausgabe der Monatszeitschrift "Komm mit!"
2008
Start des interkommunalen Stadtumbau-Managements
2008
Start des Projektes "Generation 1-2-3" mit Erstellung eines interkommunalen Altenhilfe- und Mehrgenerationenkonzeptes in der Region Nördliches Fichtelgebirge
2009
Durchführung eines interkommunalen Stadtumbau-Forums
2009
Start der Erarbeitung eines kommunalen Klimaschutzkonzeptes für fünf Gemeinden der Region Nördliches Fichtelgebirge
2011 Abschlusskonferenz des Projektes "Generation 1-2-3" mit Vorstellung der Maßnahmen

Ziele

Titelblatt der Publikation zum Klimaschutzkonzeptes Nördliches Fichtelgebirge Quelle: Kommunen der Region Nördliches Fichtelgebirge

  • Neuorientierung der kommunalen Wirtschaftspolitik
  • Tourismusstärkung durch Profilbildung
  • Schaffung differenzierter Wohnraumangebote
  • Schaffung familien- und seniorengerechter Infrastrukturangebote
  • Vitalisierung der Ortskerne

Maßnahmen

Roter Infopavillion in MarktleuthenQuelle: Arge UmbauStadt

  • Erarbeitung eines interkommunalen Entwicklungskonzeptes für neun Kommunen
  • Erstellung und Umsetzung eines interkommunalen Altenhilfe- und Mehrgenerationenkonzeptes für neun Kommunen
  • Erarbeitung eines Klimaschutzkonzeptes für fünf Kommunen
  • Tourismusmanagement
  • Revitalisierung von Industriebrachen
  • Revitalisierung von Ortsmitten

Innovationen

Die Folgen des wirtschaftlichen und demografischen Wandels vollziehen sich in der Regel in regionalen Kontexten. Vor diesem Hintergrund stehen viele Kommunen in Ost- und Westdeutschland vor der Herausforderung, interkommunal abgestimmte Konzepte zur Bewältigung der Folgen des Wandels zu erarbeiten. Im Städtebauförderungsprogramm Stadtumbau West gibt es mittlerweile vor allem in Bayern und Hessen mehrere Beispiele interkommunaler Zusammenarbeit bei Konzepterarbeitung, Umsetzung und Management. Die Region "Nördliches Fichtelgebirge" stellt ein gutes Beispiel der Zusammenarbeit dar, bei dem schon mehrere Jahre Erfahrungen mit einem interkommunalen Stadtumbau-Management vorliegen und das sich im Hinblick auf konzeptionelle Konkretisierung, Umsetzung von investiven Maßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit und Monitoring bewährt hat.

Quellen

  • Website der Interkommunalen Kooperation Nördliches Fichtelgebirge: http://www.noerdliches-fichtelgebirge.de/
  • Dokumentation des Stadtumbau-Managements für das Nördliche Fichtelgebirge 2008/2009, >> weitere Informationen
  • Schwerpunktthema "Klimaschutz im Stadtumbau" der Bundestransferstelle Stadtumbau West, >> weitere Informationen
  • Präsentation von Bürgermeister Eberl, Stadt Schwarzenbach a. d. Saale bei der Transferwerkstatt "Klimaschutz und Klimaanpassung im Stadtumbau – Konzepte, Instrumente, Projekte" am 21. September 2010 in Tübingen, >> weitere Informationen

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: Nördliches Fichtelgebirge "Interkommunales Stadtumbau-Management"

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 95158 - Ort: Kirchenlamitz

Letzte Änderung: 29.11.2017

Zusatzinformationen

Akteure

  • Stadt Kirchenlamitz (als Vertreter der interkommunalen Kooperation), Marktplatz 3, 95158 Kirchenlamitz, Tel.: 09285 959-0, Fax: 09285 959-59, Erster Bürgermeister Thomas Schwarz, E-Mail: stadt@kirchenlamitz.de
  • Stadtumbaumanagement, UmbauStadt GbR, Eislebener Straße 6, 10789 Berlin, Tel.: 030 891 67 06, Fax: 030 891 38 94, Herr Ulrich Wieler, E-Mail: wieler@umbaustadt.de

Datensatz eingestellt am 29.06.2011 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

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