Navigation und Service

Mittleres Werratal „Kommunale Arbeitsgemeinschaft“

(Hessen)

Stadt-Umland-Kooperation im ländlichen Raum

Im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms Stadtumbau West verfolgt der Kooperationsraum „Mittleres Werratal“ Maßnahmen in den einzelnen Kommunen und auch interkommunal. Ziel ist es, den Tourismus zu stärken, regionale Gewerbeflächenangebote zu schaffen und den Wohnungsmarkt an den demografischen Wandel anzupassen.

Kontext

Musterhaus Wohnen in WanfriedQuelle: Bürgergruppe Wanfried

Der Kooperationsraum „Mittleres Werratal“ liegt südöstlich von Kassel unmittelbar an der thüringischen Landesgrenze. Er umfasst neben der Kreisstadt Eschwege als räumliches und funktionales Zentrum sieben angrenzende Kommunen. Die Region profitierte in ihrer Randlage bis zur deutschen Vereinigung von der so genannten Zonenrandförderung, geriet nach der Grenzöffnung aber in eine Konkurrenzsituation mit Thüringen. Zum einen verlagerten einige Firmen ihre Standorte über die Landesgrenze. Zum anderen drängten Arbeitskräfte und Unternehmen aus Thüringen verstärkt auf den lokalen Markt. Neben diesen Entwicklungen führt auch die periphere Lage zu Arbeitsplatzverlusten in und zur Abwanderung von Menschen aus der Region.

Die drei Städte und fünf Gemeinden der kommunalen Arbeitsgemeinschaft waren unterschiedlich von den Problemen des demografischen und wirtschaftlichen Wandels betroffen. Der Rückgang der Einwohnerzahlen und die anhaltende Alterung führten zur Unterauslastung bzw. zu Verschiebungen des Bedarfs bei öffentlichen Dienstleistungen. Zugleich verschlechtert sich die finanzielle Grundlage.

Projektbeschreibung

Stadthaus Brühl 6 im BestandQuelle: Kreisstadt Eschwege

Zunächst wurde im Jahr 2004 die Stadt Eschwege als Modellstandort in das hessische Stadtumbau-Programm aufgenommen. In 2005 folgte die Aufnahme der „kleinen“ interkommunalen Kooperation „Werratal“, die aus den Umlandkommunen (ohne Eschwege) bestand. Seit 2008 erhält die „große“ interkommunale Kooperation „Mittleres Werratal“ gemeinsame Zuwendungsbescheide, eine Besonderheit in Hessen. Die Zusammenführung der Stadt Eschwege mit den umliegenden Städten und Gemeinden zur „großen“ interkommunalen Kooperation erfolgte auch auf der konzeptionellen Ebene. Die zuvor separaten Konzepte (Integriertes Stadtumbaukonzept Eschwege und Entwicklungskonzept Region Mittleres Werratal) wurden 2008 zum „Entwicklungskonzept für die Region Mittleres Werratal“ vereinigt. Hintergrund war einerseits die Chance, den unterschiedlichen Funktionen und Potenzialen in den Teilräumen des Kooperationsraums besser zu entsprechen. Andererseits wurde man so den vielen Gemeinsamkeiten in Bezug auf städtebauliche, wirtschaftliche oder demografische Herausforderungen besser gerecht.

Planung des Neubaus "Stadthaus Brühl 6"Quelle: Foundation 5+

Bevölkerungsverluste zeichneten sich im gesamten Kooperationsraum in Form zunehmender Wohnungs- und Geschäftsleerstände in den zentralen Lagen der Kommunen ab. Dabei war nicht allein die Quantität des Wohnungsleerstands das dominierende Problem, sondern insbesondere der Leerstand von wichtigen Stadt- bzw. Ortsbild prägenden Gebäuden. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten zielte daher auf die Sicherung und den Erhalt der städtebaulichen Attraktivität von Innenstädten und Ortskernen, die vor allem auf den historischen Fachwerkbeständen gründet. Dies spiegelt sich in diversen Maßnahmen wieder. Die Stadt Eschwege initiierte den Wettbewerb „Innenstadtkarrees“. Ein historisch bedeutsames Fachwerkhaus am Obermarkt in Eschwege wurde barrierefreie umgebaut. Für pflegebedürftige Menschen wurde ein weiteres Fachwerkhaus (mit ergänzendem Neubau) zum „Stadthaus Brühl 6“, einer altengerechten Einrichtung, umgebaut. Das „Stadthaus Brühl 6“ wurde durch einen Zusammenschluss dreier sozialer Träger finanziert. Das „Modellhaus Wohnen“ entstand in enger Kooperation mit einer engagierten Bürgergruppe als Anregung und Hilfestellung für Eigentümer und Handwerker.

Die Stadt Eschwege wurde in ihrer Funktion als Kreisstadt und kulturelles Zentrum des Kooperationsraumes dadurch gestärkt, dass ein ehemaliges Wasserkraftwerk 2009 zur „Kulturfabrik Altes E-Werk“ umgebaut worden ist. Inzwischen strahlt es als kulturelles Angebot in den gesamten Kooperationsraum aus. Weitere Projekte sind in Planung, darunter auch die Entwicklung und Vermarktung eines interkommunalen Gewerbegebietes.

In der Stadt Wanfried ist ein Fachwerkhaus zum „Modellhaus Wohnen“ weiterentwickelt worden. Dabei spielten private Akteure eine wichtige Rolle, die auf unterschiedliche Weise in die Maßnahmen eingebunden wurden. Ein Immobiliennetzwerk hat neben Leerstandserfassung und Beratungsfunktionen auch den Aufbau eines so genannten Handwerkernetzwerkes zum Ziel. In diesem Rahmen wird u.a. eine Spezialisierung von Handwerksbetrieben aus der Region im Bereich der Fachwerkhausmodernisierungen initiiert.

Projektchronologie

JahrEreignis
2004Programmaufnahme der Stadt Eschwege
2005Beginn der Erarbeitung des Integrierten Stadtumbaukonzeptes für Eschwege
2005Programmaufnahme der „kleinen“ Kooperation ohne Eschwege
2006Gründung der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft
2007Beschluss zur Festlegung des Stadtumbaugebiets Eschwege
2008Zusammenführung des Integrierten Stadtumbaukonzeptes Eschwege mit dem Entwicklungskonzept Region Mittleres Werratal
2008Beauftragung der BIG Städtebau mit dem interkommunalen Stadtumbau-Management
2009Fertigstellung „Kulturfabrik altes E-Werk“
2010Fertigstellung des Projektes „Stadthaus Brühl 6“
seit 2011weitere Projekte des Stadtumbaus und der Stadterneuerung

Ziele

Bauphase des Stadthaus Brühl 6Quelle: Kreisstadt Eschwege

  • Wirtschaftsentwicklung der Region
  • Gewerbeflächenangebot in der Region
  • Abstimmung und Vernetzung der Gemeinden zur Tourismusentwicklung
  • Anpassung der Verwaltung
  • Verwaltungszusammenarbeit
  • Anpassung des Wohnungsmarktes
  • Anpassung der Infrastruktur
  • Stärkung der Lebensmittelgrundversorgung
  • Beseitigung von Geschäftsleerständen in zentralen Lagen

Maßnahmen

Bauphase des Stadthaus Brühl 6Quelle: Kreisstadt Eschwege

  • Einrichtung des interkommunalen Stadtumbau-Managements 2008
  • Zusammenführung der Entwicklungskonzepte der Stadt Eschwege und der Umlandgemeinden 2008
  • Barrierefreies Wohnen am Obermarkt (Eschwege)
  • Wettbewerb „Innenstadtkarree“ in Eschwege
  • Stadthaus Brühl 6 – Wohnen und Pflege (Eschwege)
  • Modellhaus Wohnen (Wanfried)
  • Aufwertung des öffentlichen Raumes in der Altstadt (Eschwege)
  • Entwicklung und Vermarktung eines interkommunalen Gewerbegebietes
  • Interkommunales Leerstandsmanagement Gewerbe- und Brachflächen / Immobilien-Netzwerk
  • Konzept zur Stabilisierung der Nahversorgung „Rollende Läden“

Innovationen

Blick auf das E-Werk in EschwegeQuelle: Stadtwerke Eschwege GmbH

Die kommunale Arbeitsgemeinschaft stellt einen wegweisenden Kooperationsansatz im ländlichen Raum dar. Traditionell sind derartige Kooperationen von starken Interessengegensätzen und Konkurrenzbeziehungen zwischen Kreisstadt und Umland geprägt. Umso bemerkenswerter ist diese Stadt-Umland-Zusammenarbeit, um den Herausforderungen des demografischen und wirtschaftsstrukturellen Wandels gemeinsam zu begegnen.

Eine weitere Besonderheit dieser Kooperation ist die Stimmgewichtung nach Einwohnern bei Abstimmungsprozessen innerhalb der kommunalen Arbeitsgemeinschaft. Auch wenn alle Entscheidungen bislang ausnahmslos im Konsens getroffen wurden, könnten dadurch die Umlandgemeinden gemeinsam bei konfliktträchtigen Entscheidungen nicht von der Kreisstadt Eschwege überstimmt werden.

Quellen

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: Mittleres Werratal

Letzte Änderung: 10.04.2017

Zusatzinformationen

Akteure

  • Frau Gabriele Nießen, Leiterin FB Planen und Bauen, Magistrat der Kreisstadt Eschwege, Fachbereich Planen und Bauen, Obermarkt 22, 37269 Eschwege, Tel. 05651/304-334, Fax 05651/304-418, Email: gabriele.niessen@eschwege-rathaus.de
  • Stadtumbaumanagement: Frau Marieluise Handrup, BIG Städtebau GmbH; Regionalbüro Berlin, Zimmerstraße 90/91, 10117 Berlin, Tel. 030/212337912, Fax 030/212337920, Email: m.handrup@big-bau.de

Datensatz eingestellt am 14.04.2011 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

Diese Seite

© GSB 5.0 - 2013