Leipzig-Reudnitz „Stadtteilpark Reudnitz“
(Sachsen)
Neuer Freiraum auf innerstädtischer Bahnbrache
Auf einer zuvor zwischengenutzten Brachfläche ist ein neuer Stadtteilpark entstanden, der die Attraktivität eines dicht bebauten Stadtquartiers erhöht. Der Park ist Teil einer Grünradiale und verbindet die Innenstadt mit dem Umland. Das Projekt ist durch einen Kompromiss zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer und den Wünschen der AnwohnerInnen zu Stande gekommen.
Dieses Projekt befindet sich im Archiv. Die Projektdaten werden nicht mehr aktualisiert.
Kontext
Quelle: Frank Pflüger
Bevölkerungsverluste, Gebäudeleerstände und drohende Verödung ganzer Stadtquartiere erfordern gerade in den ostdeutschen Großstädten neue Methoden und Verfahren des Stadtumbaus. Mit dem Programm "Neue Gründerzeit" versucht die Stadt Leipzig (ca. 495.000 Einwohner) eine Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen zu finden. Das Gelände des 1874 östlich der Innenstadt errichteten Eilenburger Bahnhofs wurde seit Beginn der 1970er Jahre nicht mehr von der Bahn, sondern von diversen (Zwischen-)Nutzern genutzt. Das Areal bildet einen Ost-West-Korridor innerhalb des hochverdichteten Stadtraums.
Projektbeschreibung
Quelle: Frank Pflüger
Mit Ausnahme eines alten Lokschuppens und der historischen Begrenzungsmauer (beides denkmalgeschützt) wurden alle Gebäude des Bahngeländes abgetragen. Die Mauer soll saniert werden, für den Schuppen wird derzeit von einem Investor ein Nutzungskonzept für Kultur und Gastronomie erarbeitet.
Mit der Umgestaltung des Geländes wurde die Chance ergriffen, einen großzügigen Frei- und Grünraum zu schaffen und so die Attraktivität des Quartiers zu erhöhen. Angelegt wurde eine Grünradiale mit klar ablesbarer Wegeführung und Raumstruktur. Auf einer Teilfläche am Übergang zur Innenstadt ist eine Blockrandbebauung mit grünen Innenbereichen, der so genannte "urbane Pol", vorgesehen.
Das Konzept ist das Ergebnis eines intensiven Abstimmungsprozesses zwischen einer Anwohner-Initiative, den Grundstückeigentümern, den VertreterInnen der Stadt und dem "Leipziger Ostraum-Projekt", einem Modellprojekt, das durch Vernetzungsarbeit eine ökologisch orientierte Stadt-Umland-Entwicklung fördert.
Der 800 m lange und 80 bis 130 m breite Lene-Voigt-Park wird gegliedert durch ein mit Birken bepflanztes Längsband mit Drahtgitterkörben (Gabionen), in die Sitzgelegenheiten integriert sind. Dieses Band begleitet eine lang gestreckte Wiese und einen angrenzenden 5 m breiten Fuß- und Radweg, die "Promenade". Diese Hauptwegeachse verbindet den Park über die alte Gleistrasse mit den angrenzenden Stadtquartieren.
Südlich der Wiese ist der Park in unterschiedliche Bereiche für Spiel-, Sport- oder Ruhezwecke aufgeteilt. Nördlich der Achse wurden etwa 100 qm große "Patenschaftszellen" vorbereitet, die an Interessierte kostenfrei als Spielfläche, Gärten oder für Kunstprojekte überlassen werden. Dies ist eine Antwort der Stadtverwaltung auf die Problematik, die Kosten und den Arbeitsaufwand für die Parkpflege zu bewältigen. In das Grünband ist eine, das Gelände stark prägende, oberirdische Fernwärmeleitung integriert worden.
Projektchronologie
Jahr | Ereignis |
---|---|
1993 | Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan, Rahmenplanung und Beginn des "Ostraum-Projektes" |
1994 | Ausweisung als Sanierungsgebiet |
1995 | Weiterentwicklung der städtebaulichen Rahmenplanung in Bürgerforen, Planungswerkstatt, Eigentümer- und Pächterrunden |
1997 | Verabschiedung der Sanierungsziele durch Stadtrat |
1998 | Landschaftsarchitektonisches Gutachterverfahren, Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und Bürgerbeteiligung, Kauf von Grundstücken |
1999 | Realisierung und Fertigstellung des ersten Bauabschnittes |
2000-2002 | Fertigstellung weiterer Bauabschnitte |
bis 2004 | Abschluss der Umgestaltungsarbeiten |
Ziele
Quelle: Frank Pflüger
- Wiedernutzung einer Innenstadtbrachfläche
- Komplettierung einer Grünradialen zur Biotop- und Grünwegevernetzung zwischen Stadt und Umland
- Verbesserung der Lebensqualität und der Freizeitangebote für die umliegenden Wohnquartiere
- Lückenschluss im Fuß- und Radwegenetz
- Harmonisierung der unterschiedlichen Interessen von Anwohnern, Grundstückseignern und Öffentlichkeit (Stadt)
Maßnahmen
Quelle: Frank Pflüger
- Klare Strukturierung und Gliederung der Flächen für die unterschiedlichen Nutzungen
- Anlage von Spiel- und Sportbereichen (u.a. Spielplätze, Kleinspielfeld, Beachvolleyball- und Badmintonplätze, Kletterwand, Tischtennisplatten)
- Bereitstellung von "Patenschafts-Parzellen" für Anwohner zur Selbstnutzung
- Umnutzung eines denkmalgeschützten Lokschuppens
Einbeziehung von Anwohnern und Initiativen über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinaus
2002 Auszeichnung mit dem "Europäischen Preis für Landschaftsarchitektur"
Innovationen
Quelle: Frank Pflüger
Der Leipziger Osten erhielt durch die Umgestaltung des ehemaligen Bahnhofes einen neuen Anziehungspunkt, der für den Stadtteil neue Identität und eine positive Ausstrahlung brachte. Das Projekt ist eine beispielgebende Reaktion auf strukturelle Veränderungen in der Stadt. In einem intensiven Diskussionsprozess mit beteiligten Akteuren konnte eine Konsenslösung zum allseitigen Nutzen gefunden werden.
Quellen
- Capatti, Tancredi; Wick, Robert (2003): Der Eilenburger Bahnhof. Revitalisierung einer Bahnfläche. In: Stadt und Raum 1/2003, Seite 16ff. o. O.
- Stadt Leipzig, Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (2003): Eilenburger Bahnhof - Die Kreation eines Stadtteilparks. o. O.
- Kiefer, Gabriele; Sattler, Philipp (1999): Knappheit mitdenken. Im "Graphischen Viertel" Leipzig/Reudnitz wird ein Bahnhofsgelände zum Park umgebaut. In: Garten+Landschaft 1/1999, S. 25 ff. o. O. (Lageplan)
Weiterführendes
Zum Beteiligungs- und Kooperationsprozess und zum "Leipziger Ostraum-Projekt": Selle, Klaus (Hg.) (2000): Arbeits- und Organisationsformen für eine nachhaltige Entwicklung, Band 1 + 3. Dortmund
Projektstandort auf Google-Maps: Leipzig-Reudnitz "Stadtteilpark Reudnitz"
Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 04347 - Ort: Leipzig - Straße: Reichpietschstraße.
Letzte Änderung: 18.10.2017