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Leipzig „Plagwitz“

(Sachsen)

Städtebauliche Integration eines Altindustriegebietes

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Leipzig zum Zentrum einer von Bergbau, Chemie, Metall und polygraphischer Industrie geprägten Region. Im Jahr 1988/89 war der Stadtteil Plagwitz ein Industriestandort mit ca. 20.000 Arbeitsplätzen. Schon 1991 beschloss die Stadtverordnetenversammlung eine Erhaltungssatzung zum Schutz des städtebaulichen Charakteristikums von Plagwitz und seiner Umgebung. So konnte der sich abzeichnenden Entwicklung, dem Verlust wertvoller Industriearchitektur entgegengewirkt werden. Unstrittig war der industriegeschichtliche sowie der städtebauliche Wert der Gesamtanlage des Stadtteils, welcher viele Einzeldenkmale der Industrieentwicklung einschloss.

Dieses Projekt befindet sich im Archiv. Die Projektdaten werden nicht mehr aktualisiert.

Kontext

Blick auf den Stadtteilpark Plagwitz (1998)Quelle: Stadt Leipzig

Zwischen 1990 und 1992 stellten in Folge des Zusammenbruchs der Absatzmärkte in Ost- und Mitteleuropa rund 80% der Betriebe in Plagwitz ihre Produktion ein. Die Flächen und Gebäude des im Westen der Stadt gelegenen Gewerbestandortes fielen sukzessive brach. Angesiedelte Industrie- und Gewerbekomplexe im südlichen Bereich des Stadtteils waren ebenso in schlechtem baulichen Zustand, wie die nördlich des Karl-Heine-Kanals gelegene dichte Wohnbebauung aus der Gründerzeit. Der Erhalt, die Umnutzung und die Integration der historisch wertvollen Industriearchitektur war von Anfang an ein wesentlicher Grundgedanke für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme.

Das Projekt ist in den Jahren von 1989 bis 1993 als Modellvorhaben im Forschungsfeld „Städtebau und Wirtschaft“ im Bundesforschungsprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) gefördert und ausgewertet worden. Weiterhin wurde Plagwitz im Rahmen der EXPO 2000 als Expo-Projekt geführt. Von 2001 bis 2007 wurde in Plagwitz das EU-Programm URBAN II umgesetzt.

Projektbeschreibung

Blick auf den Stadtteilpark Plagwitz (2006)Quelle: Stadt Leipzig

Die Revitalisierung des Stadtteils Plagwitz stellte von Beginn an eine der zentralen Entwicklungsmaßnahmen der Stadt Leipzig (519.000 Einwohner) dar. Um dem wirtschaftlichen Strukturwandel zu begegnen, die Attraktivität des Gebietes wieder herzustellen und die qualitativ herausragende Bausubstanz zu erhalten, integrierte die Stadt Leipzig das Planungsgebiet in ein gesamtstädtisches Entwicklungskonzept. Heute besitzt der „Gründerstadtteil“ Plagwitz ein zunehmend positives Image und wird von der Bevölkerung bewusst wahrgenommen.

Mittelständische Unternehmer und Existenzgründer nutzen die innenstadtnahe Lage mit ihrer guten Anbindung an das städtische und regionale Verkehrsnetz. Die Wohnqualität insbesondere in Nähe des Kanals ist hoch. Der entstandene Stadtteilpark, Spielplätze und Gastronomie unterstützen neben einer lebendigen Kulturszene die Vielfalt im Quartier.

Die Stadt hatte mit ihren intensiven Planungsaktivitäten frühzeitig die Leitidee für eine erfolgreiche Umsetzung festgelegt: Erhalt der wertvollen städtebaulichen Grundstruktur und Integration denkmalgeschützter In¬dustriebauten sowie Nutzungsmischung mit entsprechender Aufwertung des Umfeldes. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und Verzögerungen, haben die Umstrukturierungsprozesse im Stadtteil zu einer positiven Entwicklung geführt. Insbesondere im citynahen östlichen Bereich war sehr schnell eine hohe Investitionsdynamik zu verzeichnen.

In den Gebäuden der Buntgarnwerke (100.000 m² Nutzfläche und damit eines der größten deutschen Industriedenkmale) entstand ein Stadtteil- und Dienstleistungszentrum, ein Büropark, Einzelhandel und Gastronomie. Verschiedene Wohn- und Geschäftsgebäude wurden neu gebaut. Der durch Wohnnutzung geprägte Bereich nördlich des Karl-Heine-Kanals wurde zum Sanierungsgebiet und ist zum großen Teil erneuert und durch Wohnumfeldmaßnahmen aufgewertet worden. Zahlreiche Einzelprojekte - insbesondere die Umgestaltung des ehemaligen Verladebahnhofs an der Industriestraße zu einem großen Stadtteilpark - hatten eine unmittelbare Anstoßwirkung auf private Investoren und konnten somit zur Beschleunigung und erfolgreichen Umsetzung beitragen.

Die Sanierung des Karl-Heine-Kanals (ab 1993) und der Bau begleitender Fuß- und Radwege, die Sanierung der Feuerwache West (1993-96) durch die Stadt, der Umbau einer ehemaligen Konsumbäckerei zu einem Bürogebäude, der Neubau des Elsterwohnparks auf dem Areal der ehemaligen Buntgarnwerke und die Realisierung des Elster-Business-Parks stehen beispielhaft für viele weitere Teilprojekte.

Zwischen 2000 und 2003 hat der Stadtteil einen Zugewinn von 5000 Einwohner zu verzeichnen. Mit dem Bürgerverein Plagwitz, aber auch mit den kulturellen Aktivitäten hat sich über die Jahre ein eignes und lebendiges Stadtteilleben entwickelt, dass durch ein Quartiersmanagement Leipziger Westen unterstützt wird.

Im östlichen Plagwitz, entwickelten sich auf Grund seiner Zentrumsnähe und der bevorzugten Lage am Karl-Heine-Kanal relativ schnell größere Vorhaben z.B. durch die Umwandlung von Gewerbe- zu Wohngrundstücken. Der dadurch entstandene Image-Wandel zog viele kleinere Vorhaben nach sich und entwickelte sich immer mehr zum „Selbstläufer“. Die Stadt unterstützte die Entwicklung u.a. durch die Sanierung von Straßen und der Nonnenbrücke im Gebiet.

Mittels der KMU-Förderung im Rahmen von URBAN II wurden über 1.000 Unternehmen beraten, 260 Unternehmen gefördert und etwa 600 Arbeitsplätze neu geschaffen. Mit ca. 5.000 € Förderung je Arbeitsplatz erwies sich diese Beihilfe als äußerst effektives und breit angelegtes Instrument. So konnten durch die Unternehmen 27.000 m² Gewerbefläche neu belegt und der Leerstand revitalisiert werden.

Das Thema Stadterneuerung und Stadtumbau ist in Leipzig konzentriert auf stadtentwicklungspolitische Schwerpunktbereiche, in denen auch Plagwitz liegt. Durch den integrierten Einsatz der bestehenden Förderprogramme ist es Ziel die stadträumliche, soziale und vor allem wirtschaftliche Entwicklung der Gebiete positiv zu befördern, so dass der Anschluss an die Entwicklung der Gesamtstadt nicht verloren geht.

Projektchronologie

JahrEreignis
1991Planungsworkshop der Stadt Leipzig mit Architekten, Planerteams und Bürgern
1991Gründung der Entwicklungs- und Sanierungsgesellschaft Plagwitz GmbH (ESGP)
1991Erhaltungssatzung und Satzung über das besondere Vorkaufsrecht
1992Beginn der Umbaumaßnahmen
1993Ausarbeitung von Strukturkonzepten und Rahmenplan
1993Teilnahme am ExWoSt-Forschungsfeld "Städtebau und Wirtschaft, Themenfeld Stadterneuerung in Gewerbegebieten"
1994Satzung über die "Städtebauliche Sanierungsmaßnahme Leipzig-Plagwitz" (32 Hektar)
1994Änderung des Flächennutzungsplanes (detaillierte Darstellungen der Art der baulichen Nutzung)
1995Aufstellungsbeschluss Bebauungsplan; Beginn von Neubaumaßnahmen
1997Zusage zur Teilnahme der Stadt Leipzig an der EXPO 2000 mit dem Projekt "Plagwitz auf dem Weg ins 21. Jahrhundert"
1999Erweiterung des Sanierungsgebietes mit Satzungsänderung über die „Städtebauliche Erneuerungsmaßnahme Leipzig-Plagwitz“ (75 Hektar)
2000Teilnehmer an der EXPO 2000
2000Stadtentwicklungsplan Wohnungsbau und Stadterneuerung (STEP W&S) für die Gesamtstadt / Stadtteilpässe der Stadt Leipzig
2001-2007Teilnahme an der EU Gemeinschaftsinitiative URBAN II

Ziele

Business-Innovation-CenterQuelle: FIRU mbH

  • Erhalt und Wiedernutzung der industriellen Bausubstanz
  • Standortangebote für Kleinbetriebe durch Umbau großer Industriebauten zu Gewerbehöfen zur Neuansiedlung von mittelständischen Unternehmen
  • Entwicklung eines Stadtteilzentrums für Plagwitz durch Umnutzung alter Bausubstanz
  • Städtebauliche Aufwertung des Gebietes und Anlage von Grünverbindungen und Aufwertung des "grauen" Erscheinungsbilds
  • Enge Verzahnung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen, Erholen mit entsprechender Aufwertung des Wohnumfeldes .

Maßnahmen

Gewerbezentrum Naumburger StraßeQuelle: FIRU mbH

  • Erhaltungssatzung zum Schutz des städtebaulichen Charakteristikums von Plagwitz und seiner Umgebung
  • Durchführung von Workshops
  • Maßnahmen der Stadterneuerung und Stärkung der lokalen Wirtschaft
  • Konzeption für eine technologieorientierte Neunutzung eines Geländes
  • Vertiefende Untersuchung zur Neuansiedlung von Unternehmen am Beispiel eines typischen Unternehmensstandortes (ehem. Bodenbearbeitungsgeräte AG (BBG) )
  • Städtebauliche Verträge zwischen der Stadt und privaten Investoren

Innovationen

Buntgarnwerk 2006Quelle: Stadt Leipzig

Das Modellprojekt Leipzig Plagwitz zeigt, wie durch die Einbindung der Planflächen in ein gesamtstädtisches Entwicklungskonzept, eine Revitalisierung brachliegender Industrieflächen gelingen kann. Die frühe Beteiligung der Bürger und die enge Einbindung in die Entscheidungsabläufe sind als Erfolgsvoraussetzungen zu sehen. Auf diese Weise wurden die Entwicklungs- und Sanierungsziele konkretisiert.

Das Ziel eines lebendigen, innerstädtischen Quartiers mit guten Chancen für mittelständische Unternehmer und Existenzgründer in Nachbarschaft zu hochwertigen Wohnmöglichkeiten wird heute zunehmend sichtbar. Der Erfolg ist nicht zuletzt in der hohen Kontinuität bei der Verfolgung der Grundkonzeption zu sehen.

Quellen

  • BBR (Auftraggeber), FIRU GmbH (Auftragnehmer): Querauswertung von ExWoSt-Modellvorhaben zum Flächenrecycling, 2004 (unveröffentlichter Bericht)
  • Stadt Leipzig, Amt für Wirtschaftsförderung, Tel.: 03 41 / 1 23 58 57, Email. alohse@leipzig.de
  • BGS – Büro für Gewerbeplanung und Stadtentwicklung: Dokumentation der Modellvorhaben in den neuen Bundesländern, "Städtebau und Wirtschaft", Dortmund im April 1995
  • Stadt Leipzig, Dezernat Stadtentwicklung und Bau: Energy City – Power für Plagwitz, Oktober 2003
  • Internetrecherche: http://www.leipzig-plagwitz.de

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: Leipzig "Plagwitz"

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 04229 - Ort: Leipzig - Straße: Nonnenstraße.

Letzte Änderung: 11.10.2017

Zusatzinformationen

Akteure

  • Stadt Leipzig, Amt für Wirtschaftsförderung, Tel.: 03 41 / 1 23 58 57, Email. alohse@leipzig.de
  • Stadt Leipzig, Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, Tel.: 0341/123 55 12, E-Mail: nraschke@leipzig.de

Datensatz eingestellt am 07.04.2005 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

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