Navigation und Service

Hannover „Ringlinie 100/200“

(Niedersachsen)

Jugend bewegt Stadt – Jugendfonds Hannover

Auf der Grundlage eines stadträumlichen Konzepts zur Qualifizierung der angrenzenden Räume der Busringlinie 100/200, generierte die Stadt Hannover jugendliche Freiraumprojekte. Über einen neu eingerichteten Jugendfonds konnten ansässige Jugendliche ihre Ideen zur Verbesserung und Gestaltung der Freiräume einbringen und in Mikroprojekten eigenständig umsetzen.

Kontext

Sprungübungen der BMX-Gruppe auf selbstgebauten FunboxenQuelle: Stefan Saak

Jugendliche sind in der Landeshauptstadt Hannover (552.000 Einwohner) eine wichtige Zielgruppe der Stadtentwicklung. Aus diesem Grund ließ der Fachbereich Jugend und Familie in Zusammenarbeit mit weiteren Fachbereichen und Partnern die Konzeptstudie zu Handlungsstrategien und Modellvorhaben Linie 100/200 "Das Plus entwickeln! Jugendliche und das Netz urbaner öffentlicher Räume in Hannover" erstellen. Die Busringlinie führt um den Innenstadtbereich herum, verbindet mehrere Stadtteile und ergänzt das sternförmige U-Bahnnetz. Besonders für Jugendliche ist diese Linie eine wichtige Infrastruktur, da an ihr auch wichtige Einrichtungen wie Schulen, Jugendtreffs und Sportstätten liegen.

Mit der Konzeptstudie sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, unterschiedliche Bewegungsarten von Jugendlichen mit ihren räumlich verteilten Handlungsorten miteinander zu verknüpfen. Mit der Einrichtung eines Jugendfonds knüpfte die Stadt an dieses Rahmen- und Handlungskonzept an. Der Jugendfonds knüpft an die Struktur von Verfügungsfonds der Städtebauförderung an. Die Stadtverwaltung richtete einen Fonds von 20.000€ für Jugendprojekte ein, über den jugendliche Mikroprojekte von max. 2000€ gefördert werden konnten, die Konzepte zum Thema Sport und Bewegung im Stadtraum einreichten. Durch die Einrichtung des Fonds sollte erprobt werden, ob die Gestaltung von Mikroprojekten durch Jugendliche eine Möglichkeit ist, um Jugendliche aktiv an Stadtentwicklungsprozessen zu beteiligen. Ein weiteres Ziel war die Entwicklung und Überprüfung fachübergreifender Formen der Zusammenarbeit, die bei einer erfolgreichen Anwendung für ein nachhaltiges Verwaltungshandeln etabliert werden sollten.

Projektbeschreibung

Jugendliche beim Training auf selbstgebauten ParkourelementenQuelle: Stefan Saak

Über einen Flyer, der u. a. an Schulen, Vereinen, Jugendeinrichtungen ausgelegt war, forderte die Stadt Hannover Jugendliche dazu auf, ihre Ideen zu Sport und Bewegung in den Räumen entlang der Ringlinien100/200 zu entwickeln. Zusätzlich wurde über Pressemitteilungen, das Fahrgastfernsehen der Verkehrsbetriebe üstra sowie über verschiedene Internetplattformen für ein verstärktes Engagement Jugendlicher an der Gestaltung von Freiräumen geworben. Zur Beratung und Unterstützung interessierter Jugendlicher richtete die Stadtverwaltung eine Kontaktstelle ein.

Nach 6 Wochen Auslobungszeit des Projektaufrufs trafen insgesamt 18 Projektideen von Jugendlichen ein. Eine Jury aus den jugendpolitischen Sprechern der Ratsfraktionen, einem Vertreter der Verkehrsbetriebe und Vertretern der Verwaltung bewertete die Projekte und wählte 13 förderwürdige Projektideen aus. Bei der Umsetzung ihrer Projektideen wurden die Jugendlichen durch das interdisziplinäre und fachübergreifende Netzwerk "Jugendliche und das Netz öffentlicher Räume" unterstützt, das aus den Fachbereichen Planung und Stadtentwicklung, Bildung und Qualifizierung, Umwelt und Stadtgrün, Sport und Eventmanagement sowie Bibliothek und Schule bestand.

Alle ausgewählten Mikroprojekte erhielten am "Ringlinientag" die Gelegenheit, ihre Ergebnisse bei einem Jugendevent der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Verkehrsbetrieb üstra stellte als Projektpartner für die Besucher des „Ringlinientages“ kostenfrei Sonderbusse bereit, die die einzelnen Projektstandorte entlang der Ringlinie – der Linie 100/200 - anfuhren. Durch diese Aktion wurden die Projekte öffentlichkeits- und pressewirksam bekannt gemacht und die jugendlichen Akteure erhielten gleichzeitig eine besondere Anerkennung ihres Engagements.

In der Mehrzahl entwickelten die Jugendlichen mobile oder temporäre Ausstattungen, die flexibel einsetzbar sind. Beispielsweise baute eine Gruppe junger BMXer mobile Sprungelemente, so genannte "Funboxen" für den Einsatz auf Stadtplätzen und Freiflächen. Auseinander genommen passen die Funboxen in einen Kleintransporter und können überall dort aufgebaut werden, wo ein rollfähiger Belag und ausreichend Platz für die Anlaufstrecke und den Sprungbereich vorhanden sind. Die meisten Arbeiten, wie Bohrungen, Zuschnitt und Feinarbeiten an Holz und Stahl, haben die Jugendlichen in der Werkstatt eines Jugendzentrums selber durchgeführt.

Eine andere Gruppe Jugendlicher einer Integrierten Gesamtschule entwickelte und baute einen eigenen Unterstand, der als "Chillort" zum Treffen, Ausruhen und Musikhören dienen sollte. Als kostengünstige Lösung bestand der Unterstand aus genormten Gerüstbauteilen und LKW-Planen. Der Unterstand wurde auf einer öffentlichen Parkfläche aufgestellt und steht allen interessierten Jugendlichen zur Verfügung.

Das Projekt "Beleuchtung für einen Bolzplatz" beschäftigte sich mit der fehlenden Beleuchtung eines im Quartier zentral gelegenen Sportfeldes mit Fußball und Basketballfeldern. Die Jugendlichen wünschten sich eine Gelegenheit, ihre sportlichen Aktivitäten auch in den Abendstunden und dunklen Wintermonaten durchführen zu können. Unter Einbeziehung der Jugendlichen wurde der Platz mit einer Beleuchtung ausgestattet. Da durch die abendliche Nutzung des Sportfeldes Konflikte mit den anliegenden Nachbarn aufgrund Ruhestörung befürchtet wurden, verfasste die Stadtverwaltung zusammen mit den Jugendlichen gemeinsame Nutzungsregeln, die die abendliche Nutzung des Platzes zu festgelegten Zeiten zulassen.

Mit der kreativen Entwicklung von Ideen zur Nutzung und Aneignung von öffentlichen Räumen setzten Jugendliche in Hannover wichtige Impulse für die Stadtgestaltung und die Stadtentwicklung. Einige Projekte wurden in einer weiteren Stufe auch zu festen Angeboten. Außerdem erhielten die Projekte mit der städtischen Initiative Freiraum 2011 einen Rahmen, um ihre Aktivitäten und Angebote weiter bekannt zu machen. Die Stadt Hannover hat aufgrund des erfolgreichen Ansatzes des Projektes “Jugend bewegt Stadt“ jährlich einen festen Verfügungsfonds für die Beteiligung Jugendlicher an der Stadtentwicklung eingerichtet.

Projektchronologie

JahrEreignis
07/2010Projektstart
08/2010Bekanntmachung des Projektaufrufs
10/2010Ringlinientag
08-12/2010Umsetzung der Mikroprojekte

Ziele

  • Einrichtung eines neuen Modells zur Jugendbeteiligung
  • Herstellung neuer und Aufwertung vorhandener Räume für Jugendliche im Außenraum
  • Erprobung selbstorganisierter Projekte
  • Stärkung interdisziplinärer Arbeitsweisen in der Stadtverwaltung

Maßnahmen

  • Einrichtung eines Jugendfonds
  • Aufbau einer Informations- und Kontaktstelle für Jugendliche
  • Begleitung und Unterstützung von Jugendlichen durch die Verwaltung
  • Einrichtung eines jährlichen Budgets für Jugendprojekte

Innovationen

Die Umsetzung des Jugendfonds in Hannover hat beispielhaft gezeigt, wie das Instrument eines Fonds in ein stadträumliches Handlungskonzept eingebunden werden kann. Durch konkrete Projekte und lokale Kooperationen wurde ein stadträumliches Rahmenkonzept mit Leben gefüllt. Mit einem attraktiv gestalteten Projektaufruf, der u. a. auch über das Fahrgastfernsehen verbreitet wurde, konnten viele interessierte und engagierte Jugendliche Teilnehmer gewonnen werden. Durch die Möglichkeit, eigene Ideen zur Gestaltung ihres Umfeldes einzureichen und durch die Möglichkeit der eigenen Umsetzung ihrer Ideen fühlten sich die beteiligten Jugendlichen in ihren Bedürfnissen ernst genommen. Die Bereitschaft der beteiligten Verwaltungsmitarbeiter der Stadt Hannover zur Kooperation und zu einer fachübergreifenden Arbeitsweise führte zu einem Umdenken innerhalb der Verwaltung und dazu, dass zukünftig verstärkt interdisziplinär gearbeitet werden soll.

Quellen

  • ExWost Forschungsfeld „Jugendliche im Stadtquartier“, Modelstadt Hannover „Jugend bewegt Stadt“, Informationen zur Modellstadt auf der BBSR Homepage, ExWoSt: Jugend bewegt Stadt - Hannover
  • BMVBS (Hrsg.), Jugendfonds als Instrument der Stadtentwicklung, Berlin, 2012

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: Hannover "Ringlinie"

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 30161 - Ort: Hannover - Straße: Lister Meile.

Letzte Änderung: 26.07.2017

Zusatzinformationen

Akteure

  • Träger des Projekts: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Jugend und Familie, Bernd Jacobs, Tel.: +49 511 168454-00, Email: Bernd.Jacobs@Hannover-Stadt.de, Web: http://www.hannover.de
  • Kooperationspartner: Fachbereiche Planung und Stadtentwicklung, Bildung und Qualifizierung, Umwelt und Stadtgrün, Sport und Eventmanagement sowie Bibliothek und Schule; Verkehrsbetrieb üstra
  • Zielgruppe: Engagierte Jugendliche

Datensatz eingestellt am 03.12.2013 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

Diese Seite

© GSB 5.0 - 2013