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Halle-Silberhöhe "Waldstadt"

(Sachsen-Anhalt)

Urbane Waldlandschaft auf Abrissflächen

Der Stadtteil Halle-Silberhöhe verwandelt sich im Zuge des Stadtumbaus in eine Waldstadt. Infolge eines starken Bevölkerungsrückgangs werden zahlreiche leer stehende Wohnungen abgerissen. Auf den Brachflächen entstehen zeitgemäße Nutzungsangebote und Waldgebiete.

Kontext

Vorbereitungen für die AufforstungQuelle: Stadt Halle

Am südlichen Stadtrand von Halle (236.000 EW) entstand zwischen 1979 und 1989 der Stadtteil Silberhöhe. Die 15.000 Wohnungen in industrieller Plattenbauweise waren vor allem für Familien der Beschäftigten in den Chemiekombinaten Buna und Leuna vorgesehen. Halle-Silberhöhe war nach der deutschen Vereinigung stärker als andere Stadtteile von Abwanderung betroffen. Im Jahr 1989 hatte der Stadtteil rund 40.000 Einwohner. Nach vorliegenden Prognosen werden es 2012 nur noch ca. 10.000 Menschen sein. Der Handlungsdruck führte noch vor Auflage des Bund-Länder- Programms Stadtumbau Ost zum großflächigen Abriss von Wohngebäuden. Insgesamt ist ein Abriss von 7.000 Wohneinheiten geplant. Zur Minderung der damit verbundenen Problemlagen wurde der Stadtteil 1999 in das Bund-Länder-Programm “Soziale Stadt” aufgenommen. Silberhöhe ist Schwerpunktbereich des Stadtumbaus in Halle.

Projektbeschreibung

Vorbereitungen für die AufforstungQuelle: Stadt Halle

Der Stadtumbau in Halle verfolgt das Ziel, die Saalestadt langfristig attraktiv, lebenswert und zukunftsfähig zu gestalten. Um das zu erreichen, wurde im Stadtumbauprozess für den Stadtteil Silberhöhe das Leitbild für eine Waldstadt erarbeitet.

Das 2001 beschlossene Neuordnungskonzept für Halle-Silberhöhe ist ein einzigartiges Nachnutzungsmodell, das auf die Transformation des Stadtteils in eine „Waldstadt“ abzielt. Es sieht eine abgestufte Renaturierung vor. Diese reicht von einem parkartigen Stadtwald im zentralen Grünzug bis zu naturnahen Sukzessions- und Aufforstungsflächen am Siedlungsrand. Dieser liegt im Übergang zum Landschaftsraum der Saale und der Weißen Elster.

Im Unterschied zu anderen Stadtumbaugebieten lagen für Halle-Silberhöhe von Beginn an konkrete Nachnutzungen fest. Im Zuge der grundlegenden Neuorientierung erhielt der Stadtteil offiziell den programmatischen Namen „Waldstadt Silberhöhe“. Die bewusste Verknüpfung von Abriss, Kunst, Wald unterstützte diesen Prozess wirksam.

Der neue Wald setzt sich aus verschiedenen Wald- und Vegetationstypen zusammen. Der zentrale Grünzug bleibt Rückgrat der städtebaulichen Struktur. Er hat durch den Abbruch der elfgeschossigen Wohngebäude jedoch eine völlig neue räumliche Dimension erhalten. Der Grünzug wird durch sanierte fünfgeschossige Wohngebäude, „Blühenden Baumhaine“ und Baumblöcke auf ehemaligen Gebäudegrundrissen räumlich gefasst. Dazwischen erstreckt sich ein kontrastreicher Stadtwald, in dem sich Baumdächer und baumfreie Lichtungen abwechseln. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Blühzeiten, das Farbenspiel der Herbstfärbung sowie der Kontrast zwischen weißen Birkenstämmen und Kiefern setzen atmosphärische Akzente. Während im zentralen Grünzug Starkbäume wachsen, wurden die Flächen zur Saale hin mit Heistern oder Stecklingen aufgeforstet.

Die Stadt Halle unterstützt den Umbauprozess zur Waldstadt durch eine aktive Flächenpolitik, die sie sukzessive an veränderte Bedingungen angepasst hat. Zu Beginn des Umbauprozesses tauschte sie mit den Wohnungsunternehmen Abrissflächen gegen städtische Flächen in innerstädtischen, konsolidierten Wohnlagen. Mit dem Wechsel der Nutzungskategorie Wohnbauland zu Wald sanken die Bodenwerte. Folglich wandelte sich die ursprüngliche Win-Win-Situation in finanzielle Nachteile für die Stadt (Bodenwert für Wald: 10 ct/qm). Um Verluste für die Stadt zu vermeiden, werden Begrünungsmaßnahmen mittlerweile. über Flächenerwerb durch die Stadt zu reduzierten Preisen oder über Gestattungsverträge geregelt.

Bei Gestattungsverträgen übernimmt die Stadt die Anlage und die Pflege der Flächen. Im Gegenzug entfallen für die Wohnungsunternehmen Betriebs- und Unterhaltskosten, die Grundsteuer sowie die Verkehrssicherungspflicht. Die Pflichten gehen nach 5 Jahren wieder an die Wohnungsunternehmen zurück. Anfangs trägt die Stadt den Aufwand für Pflege und Unterhaltung der Renaturierungsflächen, auch auf den per Gestattungsvertrag übertragenen Flächen. Die von der Stadt erworbenen Flächen übernimmt das städtische Forstamt zur Bewirtschaftung und Pflege.

Ein wesentlicher Schritt im Umbauprozess besteht in der frühzeitigen Einbeziehung der Bewohnerschaft und weiterer Akteure. Für die Kommunikation und Koordination spielt die Einrichtung eines zentralen Stadtteilbüros eine wichtige Rolle. Es stellte ein wichtiges Bindeglied bei der Vernetzung der verschiedenen Projekte und Initiativen dar. Dort fanden wechselnde Ausstellungen und Aktionen statt, wie das Kunstprojekt „Spur der Steine“. Inzwischen ist die Silberhöhe durch die bewusste Verknüpfung von Kunst und Abriss überregional bekannt. Auch die Entwicklung eines Maskottchens und eines neuen Stadtteillogos trugen zur Markenbildung der Waldstadt bei.

Für die Finanzierung des Umbaus zur „Waldstadt Silberhöhe“ kombiniert die Stadt Eigenmittel mit Fördermitteln aus den Bund-Länder-Programmen „Städtebauliche Weiterentwicklung großer Wohngebiete“, „Soziale Stadt“ und „Stadtumbau Ost“ sowie Ausgleichsmitteln nach Naturschutzrecht.

Projektchronologie

JahrEreignis
2002/03
Abriss von 549 Wohnungen, einer KITA, einer Schule mit Turnhalle im Wohnkomplex 8, Tiefenenttrümmerung, Straßenrückbau, Umwidmung zur Forstfläche, Aufbringen von Mutterboden, Aufforstung, Einzäunen des Gebiets, Fertigstellungspflege 5 Jahre
2003/04/05
Abriss von 600 WE am Anhalter Platz, Pflanzung von 264 Starkbäumen als lichter Hain
2004/05/06 Abriss von 1065 WE im Bereich Hanoier Straße, Pflanzung von Starkbäumen, Errichtung eines Bootsanlegers, Rast- und Grillplatz an der Saale
2007 bis 2010 weiterer Rückbau ; Fortführung der Aufforstungsmaßnahmen

Ziele

ComputersimulationQuelle: planerzirkel, Halle

  • Aufwertung des Stadtteils und Imageverbesserung
  • Stärkung des zentralen Grünzuges und Hereinziehen von Wald in den Stadtteil
  • Vernetzung der Freiflächen im Wohngebiet mit dem Landschaftsraum der Saale-Elster-Aue
  • Beitrag zur langfristigen Stabilisierung des Wohnungsmarktes
  • Beitrag zur Verbesserung der Naherholungsbedingungen für die Gesamtstadt

Maßnahmen

Neue Wege durch das AufforstungsgebietQuelle: Stadt Halle

  • Abriss von Wohnungen
  • Rückbau technischer Infrastruktur
  • Abriss von sozialer Infrastruktureinrichtungen
  • Gestaltung des zentralen Grünzuges
  • Aufforstung ehemaliger Wohnbaufläche
  • Pflanzung von 8000 Laubbäumen
  • Errichtung von Bootsanleger, Rast- und Grillplatz

Innovationen

AnpflanzungenQuelle: Stadt Halle

Mit dem Projekt „Waldstadt Silberhöhe“ ist die Neuformulierung einer tragfähigen Zukunftsperspektive für eine industriell gebaute Großwohnsiedlung gelungen. Damit ist die Basis für einen tiefgreifenden Strukturwandel im Stadtteil gelegt, auf der konkrete Beiträge zur städtebaulichen Qualitätsverbesserung erfolgen. Dazu gehören im Wesentlichen ein Zugewinn an Naturland durch Ausbau des Waldbestandes, Erweiterung wohnungsnaher Grünflächen und die Schaffung eines neuen Erholungsgebietes. Durch die aktive Flächenpolitik der Stadt entstanden Win-Win-Effekte für alle Beteiligten.

Quellen

  • Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) / Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) / Herausgeber: „Renaturierung - als Strategie nachhaltiger Stadtentwicklung“, Dokumentation von Fallstudien in der Reihe Werkstatt:Praxis, Heft 62, Bonn 2009, >> weitere Informationen
  • Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Auftraggeber), Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Herausgeber), StadtBüro Hunger; Becker, Giseke, Mohren, Richard Landschaftsarchitekten; DSK Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (Auftragnehmer): Zwischennutzung und neue Freiflächen. Städtische Lebensräume der Zukunft. Berlin, 2004
  • Stadt Halle, FB Stadtentwicklung und –planung

Weiterführendes

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 06132 - Ort: Halle - Straße: Anhalter Platz 1.

Letzte Änderung: 12.12.2013

Zusatzinformationen

Akteure

  • Stadt Halle, Stadtplanungsamt, Ulrike Neubert, Hansering 15, 06100 Halle/Saale, Tel. 0345 2216273, Email: ulrike.neubert@halle.de
  • Wohnungsunternehmen: Hallesche Wohnungsbaugesellschaft mbH, WG „Frohe Zukunft“, Hallesche WG “Freiheit” e.G.
  • Versorgungsträger
  • Arbeitskreis Silberhöhe
  • Gebietsmanagement: S.T.E.R.N. GmbH

Datensatz eingestellt am 20.02.2006 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

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