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Greifswald „Innenstadt“

(Mecklenburg-Vorpommern)

Reurbanisierung der Innenstadt

Die Innenstadt hat in Greifswald stadtentwicklungspolitische Priorität. Die Reurbanisierung der Innenstadt wird kontinuierlich durch städtebauliche Praxis umgesetzt und von der Stadtbevölkerung mit Leben erfüllt.

Kontext

Dom Passage - Fußgängerzone in der Langen StraßeQuelle: FIRU GmbH

Die kreisfreie Hansestadt Greifswald (ca. 53.000 Einwohner, Stand: 2007) ist regionales Handels- und Versorgungszentrum sowie Unternehmensstandort des Energiesektors und der maritimen Industrie. Zugleich ist Greifswald Sitz einer Universität und diverser Forschungsinstitute.

Die Innenstadt hat eine Fläche von rund 140 Hektar und grenzt im Norden an den Fluss Ryck. Sie umfasst die historische Altstadt und die südlich anschließende Fleischervorstadt mit gründerzeitlicher Struktur. Die Altstadt ist durch Bauten der norddeutschen Backsteingotik geprägt. Mitten in der Innenstadt bildet die Lange Straße den Hauptgeschäftsbereich.

Der historische Gebäudebestand der Altstadt war über Jahrzehnte vernachlässigt worden und in seiner Grundsubstanz stark gefährdet. Zudem waren erhebliche Baulücken entstanden. Damit stand die Greifswalder Innenstadt 1990 vor großen Herausforderungen in Stadterneuerung, Denkmalschutz und Baukultur. Es galt rund 300 innerstädtische Denkmale zu erhalten und zudem für eine nachhaltige Nutzbarkeit herzurichten. Erschwert wurde diese Aufgabe vielfach durch ungeklärte Eigentumsverhältnisse.

Projektbeschreibung

Reihenhäuser in der Erich-Böhmke-StraßeQuelle: FIRU GmbH

Die Erneuerung der Innenstadt hat in der Greifswalder Stadtentwicklungspolitik höchste Priorität. Dabei hat das innerstädtische Wohnen einen besonderen Stellenwert. Zum Stadtleitbild gehört weiterhin die touristische Profilierung mit den lokalen Potenzialen der Backsteingotik und traditioneller Kultureinrichtungen. Bei der räumlichen Entwicklung stehen Kompaktheit und eine Stadt der kurzen Wege im Vordergrund.

Seit den 1990er Jahren konzentrieren Politik und Verwaltung die Stadterneuerung auf die funktionale Stärkung und Attraktivitätssteigerung der Innenstadt. Eine Initialzündung ging von der Marktgestaltung und dem Bau der Dom-Passage mit integriertem Kino aus. Weitere Schlüsselprojekte sind die Gestaltung der Fußgängerzone, der Bau des Pommerschen Landesmuseums und der Umbau des Altstadthafens zum Museumshafen.

Greifswald setzt den räumlichen Schwerpunkt städtischer Kulturangebote bewusst in der Innenstadt (u. a. Theater, Stadtbibliothek, Freizeitzentren, Museen). Auch die Universität bekennt sich zum Standort Innenstadt. Die kulturellen Einrichtungen dienen zugleich dazu, stadtbildprägende und denkmalgeschützte Gebäude in Szene zu setzen. Die Innenstadt ist gut für den öffentlichen Personennahverkehr und den Radverkehr erschlossen. Vier Buslinien führen ins Zentrum, und der zentrale Bushalteplatz wird näher zur Altstadt verlegt.

Mit dem Ausbau der innenstädtischen Wohnfunktion verbindet sich das Ziel einer ausgewogenen Bevölkerungsstrukur. Dementsprechend wird das vielfältige Wohnungsspektrum mit Miet- und Eigentumswohnungen erhalten und durch Neubauten, z. T. durch Reihenhäuser ergänzt. Aufgrund der breit angelegten Sanierung ist der innenstädtische Wohnraum weitgehend modernisiert. Im Interesse einer sozial ausgewogenen Wohnungsbelegung wendet die Stadtverwaltung bei der Wohnungsvergabe im Sanierungsgebiet Fleischervorstadt einen Katalog mit sozialen Kriterien an. Zur Konfliktminderung zwischen dem Bedürfnis nach Wohnruhe einerseits und öffentlicher Raumnutzung andererseits werden im Zweifelsfall Störquellen verlegt.

Die gesamtstädtischen Planungsgrundlagen für die Revitalisierung der Innenstadt sind vor allem im Flächennutzungsplan und im integrierten Stadtentwicklungskonzept verankert. Der Fachplan Einzelhandel lenkt Handelsgeschäfte in die zentralen Versorgungsbereiche. Zur Sicherung städtebaulichen Qualitäten in sensiblen Teilbereichen dienen Bebauungspläne. Ansonsten erteilt die Stadt Baurechte nach Maßgabe der Anpassung an den Bauzusammenhang gemäß § 34 BauGB.

Blick auf den MarktplatzQuelle: FIRU GmbH

Auf der prozessualen Ebene flankieren Stadtmarketing, vielfältige Beteiligungs- und Mitwirkungsangebote die Innenstadterneuerung. Kontinuierliche Kooperationsaktivitäten laufen über die Arbeitsgruppe „Revitalisierung der Innenstadt“ (u. a. Landesministerien, Universität; Industrie- und Handelskammer, Einzelhandelsverband, städtische Fachämter), einen Innenstadtverein und die Ortsteilvertretung Innenstadt.

Im Interesse einer integrierten und nachhaltigen Innenstadtentwicklung bündelt die Stadt verschiedene Städtebauförderprogramme: städtebauliche Sanierungsmaßnahme, städtebaulicher Denkmalschutz und Zentrenprogramm, ergänzt um das Programm soziale Stadt in einem Teilgebiet.

Die Greifswalder Innenstadt weist heute eine große Funktionsvielfalt auf. Öffentliche Arbeitgeber sowie private Verwaltungen, Dienstleistungen und Einzelhandel bieten ein breites Arbeitsplatzspektrum. Die Innenstadtbevölkerung ist mit älteren Bürgern, Universitätsbeschäftigten, Studenten und Familien insgesamt recht vielfältig. Mit der Nutzungsvielfalt verbindet sich einerseits der Vorteil, dass sich die verschiedenen Funktionsbereiche gegenseitig und die Innenstadt insgesamt stabilisieren. Andererseits besteht jedoch auch Konfliktpotenzial zwischen dem Wohnen und der Gastronomie sowie bei Großveranstaltungen in der Altstadt. Orientierung für die Konfliktbewältigung ist das Leitbild einer vitalen, vielseitigen Innenstadt.

Mittlerweile hat die Innenstadt bei Besuchern und Bewohnern einen hohen Stellenwert und trägt wesentlich zur Identifikation mit dem Wohnort bei. Die Bevölkerungszahl ist in der Innenstadt zwischen 2000 und 2007 von 6.866 auf 8.021, also um rund 17 % gestiegen. Damit hat der innenstädtische Anteil an der Greifswalder Stadtbevölkerung rund 15 % erreicht. Weiterhin ist in der Greifswalder Innenstadt ein Mentalitätswechsel zum bewussten Leben auf Straßen und Plätzen zu beobachten. Großzügige, auf Multifunktionalität ausgerichtete Platzgestaltungen haben zu einer stärkeren Nutzung und zur Belebung öffentlicher Räume beigetragen.

Projektchronologie

JahrEreignis
1993Festlegung des Sanierungsgebiets „Innenstadt und Fleischervorstadt“
Seit 1993Arbeitsgruppe „Revitalisierung der Innenstadt“ - Stadterneuerung
1992-1995Umgestaltung der Fußgängerzone (Lange Straße)
1997Bau der Dom-Passage
1996-1999Sanierung des Rathauses
1999Marktplatzumbau, Bau des Pommerschen Landesmuseums, Umbau des Altstadthafens zum Museumshafen
2000/2001Tiefgaragenbau Am Markt, Erweiterung des Sanierungsgebietes um die Hafenbereiche
2007/2008Umgestaltung des Rubenowplatzes

Ziele

  • Leitbild einer vitalen, vielseitigen Innenstadt
  • Attraktivitätssteigerung und funktionale Stärkung der Innenstadt
  • Stärkung der Wohnfunktion und touristische Profilierung
  • Kompaktheit und der Stadt der kurzen Wege

Maßnahmen

Blick auf den Fischmarkt und das RathausQuelle: FIRU GmbH

  • Instandsetzung, Modernisierung und Neubau von Wohngebäuden
  • Straßenumbau und Platzgestaltung
  • Errichtung der Dom-Passage
  • Umbau des Altstadthafens
  • Herrichtung öffentlicher Gebäude
  • Errichtung des Caspar-David-Friedrich-Museums
  • ZOB-Verlagerung
  • Konfliktmanagement im öffentlichen Raum
  • Soziale Belegungskriterien für sanierten Wohnraum
  • Information und Beteiligung

Innovationen

Blick auf das Pommersche Landesmuseum in GreifswaldQuelle: FIRU GmbH

Greifswald bietet ein gutes Beispiel dafür, wie mit einem integrierten und kooperativen Entwicklungsansatz die Reurbanisierung der Innenstadt praktisch umgesetzt und gelebt werden kann. Durch fach- und institutionenübergreifende Ressourcenbündelung entfaltet die Innenstadterneuerung nachhaltige Wirkung. Es ist gelungen, privatwirtschaftliche Investitionen, bürgerschaftliches Engagement und baukulturelle Potenziale für die Innenstadt zu mobilisieren.

Der Greifswalder Ansatz löst langfristig positive Reurbanisierungseffekte aus. So weist die Innenstadt heute insgesamt vielfältige und stabile Nutzungen auf. Die starke Zunahme der innenstädtischen Wohnbevölkerung dokumentiert den Bedeutungszuwachs der Innenstadt. Ein Mentalitätswechsel zum bewussten Leben auf Straßen und Plätzen unterstreicht die öffentliche Wertschätzung der Stadtmitte.

Quellen

  • Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Online-Publikation Nr. 19/2010: Reurbanisierung der Innenstadt, Reurbanisierung der Innenstadt

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: Greifswald - Innenstadt

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 17489 - Ort: Greifswald -
Straße: Markt 1.

Letzte Änderung: 04.06.2018

Zusatzinformationen

Akteure

  • Universitäts- und Hansestadt Greifswald, Stadtbauamt, Herr Kaiser, Postfach 3153, 17461 Greifswald, Tel.: 03834 / 524151, E-Mail: stadtbauamt@greifswald.de

Datensatz eingestellt am 24.05.2011 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

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