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Freiburg-Rieselfeld „Frauen planen und bauen - nicht nur für Frauen“

(Baden-Württemberg)

Gemeinschaftsorientiertes Bauprojekt von Frauen

Das Projekt im neuen Stadtteil Freiburg-Rieselfeld setzt theoretische Ansprüche an geschlechtergerechte Architektur und Stadtplanung in einer Wohnanlage mit 68 Wohn- und mehreren Gewerbeeinheiten beispielhaft um.

Dieses Projekt befindet sich im Archiv. Die Projektdaten werden nicht mehr aktualisiert.

Kontext

Rieselfeldallee mit StraßenbahnQuelle: Dagmar Zschocke, Karlsruhe

Am westlichen Stadtrand Freiburgs wird seit 1991 der neue Stadtteil Rieselfeld für ca. 10.000 Einwohner realisiert. Das Stadterweiterungsprojekt war eine Reaktion auf den seinerzeit zunehmenden Wohnungsbedarf. Der Stadtteil wurde mit dem Anspruch konzipiert, Mängel bestehender Großwohnsiedlungen zu vermeiden und einen bewussten Beitrag zur Funktionsergänzung im Wohnungsbau zu leisten. In die Gesamtkonzeption des Stadtteils flossen unter anderem Prinzipien für eine geschlechtergerechte Planung ein.

Projektbeschreibung

Blick auf den InnenhofQuelle: U.E. Müller

Im Rahmen der Bürgerbeteiligung erarbeitete eine Initiative von Frauen einen "Katalog für eine frauenorientierte Planung", der sich vor allem am Gebrauchswert der Wohnungen und des Wohnumfelds orientiert. Dazu gehören insbesondere die Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen, die Nähe von Wohnen und Arbeiten, die Anpassbarkeit und Nutzungsneutralität der Wohnungsgrundrisse, die kinderfreundliche Gestaltung der öffentlichen und halböffentlichen Erschließungs- und Freiflächen sowie die Förderung eines nachbarschaftlichen und gemeinschaftsorientierten Lebens.

1993 wurde von dieser Initiative der Verein "Stadt & Frau e.V." gegründet, der zum Ziel hat, die theoretischen Prinzipien in die Realität umzusetzen. Zwischen 1996 und 2001 entstanden auf einer zentral gelegenen Fläche im Stadtteil drei viergeschossige Gebäude für ein Frauenwohnprojekt mit insgesamt 68 Wohnungen. Dazu gehören sowohl öffentlich geförderte Mietwohnungen als auch geförderte, selbst genutzte Eigentumswohnungen sowie frei finanzierte Einheiten. Im ersten und zweiten Bauabschnitt wurden 40 Wohneinheiten erstellt. Im dritten Bauabschnitt entstanden 28 Wohnungen und drei Gewerbeeinheiten, auf der Grundlage des erstplazierten Entwurfs aus einem Architektinnen-Wettbewerb.

Das Wohnungsangebot zeichnet sich durch eine große Typenvielfalt aus. Die zwischen 31 und 116 qm großen Wohnungen (mit 1 bis 5 Zimmern) verfügen jeweils über eine zentrale Wohnküche bzw. einen Familien-Allraum. Sie setzen sich aus nahezu gleichgroßen Räumen zusammen, können nach Bedarf geteilt oder zusammengelegt bzw. durch Schaltzimmer ergänzt werden und verzichten weitgehend auf Verkehrsflächen. Gemeinschaftsflächen von 450 m² im Eingangsbereich der Gebäude und im Obergeschoss mit Zugang zur Dachterrasse und die großzügig bemessene Laubengangerschließung gestatten ein kinderfreundliches und gemeinschaftsorientiertes Wohnen.

Durch den gemeinsamen Planungs- und Bauprozess haben sich intensive nachbarschaftliche Beziehungen herausgebildet. Die Wohnanlage wird inzwischen von den BewohnerInnen in Form der "Genossenschaft Stadt & Frau e.G." selbstverwaltet. Das Amt für Wohnungswesen besitzt das Belegungsrecht für die geförderten Wohnungen und arbeitet dabei eng mit der Genossenschaft zusammen.

Das Projekt zeichnet sich - nach Aussage der Beteiligten - durch eine hohe Wohnzufriedenheit der BewohnerInnen und durch soziale Stabilität aus und übernimmt eine wichtige integrierende Rolle im Stadtteil.

Projektchronologie

JahrEreignis
1993Gründung "Stadt & Frau e.V.", Entwicklung der Projektidee
1995-1996Architektinnen-Wettbewerb
1996Gründung "Wohnungsbaugenossenschaft Stadt & Frau e.G."
1996-1998Errichtung und Bezug des 1. und 2. Bauabschnitts
1998-2001Errichtung und Bezug des 3. Bauabschnitts

Ziele

TreppenhausQuelle: www.thor-klauser.de

  • Umsetzung von geschlechtergerechten Prinzipien im Wohnungsbau:
  • Erreichbarkeit der Infrastruktureinrichtungen auf kurzen Wegen
  • Mischung von Wohnen und Arbeiten
  • Anpassbarkeit an verschiedene Lebenskonzepte und -phasen
  • Integration von verschiedenen sozialen Gruppen sowie Jung und Alt
  • Raumangebot für ein Zusammenleben mit verändertem Rollenverständnis
  • Förderung von nachbarschaftlichem Leben
  • Kommunikationsfördernde und kinderfreundliche Gebäudekonzeption
  • Differenziertes Freiraum- und Erschließungssystem
  • Ressourcenschonendes und energiesparendes Bauen

Maßnahmen

LaubengangQuelle: Ramesh Amruth, Freiburg

  • Beteiligung von MieterInnen und EigentümerInnen an Planung und Verwaltung
  • Bau von vielfältigen Wohnungstypen mit nutzungsneutralen Grundrissen und Schalträumen
  • Konzeption "alltagstauglicher" Wohnungen mit zentraler Wohnküche bzw. Familienraum
  • Transparente, überschaubare Treppenhäuser und Laubengänge
  • Gemeinschaftsräume für selbstorganisierte Nutzungen
  • Frei- und Grünflächen mit Blick- und Rufkontakt zu den Wohnungen
  • Organisation in einer Wohnungsbaugenossenschaft

Auszeichnung mit dem 2. Preis im Wettbewerb "Wohnen mit Kindern" des Landes Baden-Württemberg (2002)

Innovationen

GemeinschaftsraumQuelle: www.thor-klauser.de

Bei diesem "Frauenwohnprojekt" zeigt sich, dass die Prinzipien einer geschlechtergerechten Planung zu einem hochwertigen und vielfältigen Angebot an Wohnungen und gemeinschaftlich nutzbaren Flächen führen können. Die genossenschaftliche Organisationsform kombiniert mit der gemischten Belegung führt zu einer stabilen, integrativen Nachbarschaft.

Quellen

  • Humpert, Klaus (Hg.) (1997): Stadterweiterung: Freiburg Rieselfeld. Modell für eine wachsende Stadt. Stuttgart.
  • Müller, Ursula E.; Bert, Renate (2002): Frauen setzen neue Maßstäbe. Deutschlands größtes Frauenbauprojekt entstand im Freiburger Rieselfeld. In: RaumPlanung 104, Oktober 2002
  • Zibell, Barbara (Hg.) (2001): Auf den zweiten Blick. Städtebauliche Frauenprojekte im Vergleich. o. O.
  • Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen (2001): Wohnen mit Kindern, Öffentliche Räume/Wohnräume/Spielräume

Weiterführendes

  • Sabine Reben, Die familien – und frauengerechte Gestaltung der Wohnung, Wohnen und Bauen aus Sicht von Familien und Frauen, Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen, Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales (2000)
  • Petra Preuß, Prof. Dr. sc. techn. Barbara Zibell [Hg.], good practices, Praxisbeispiele zum Thema Wohnen und Versorgung
  • ExWoSt-Forschungsfeld: Gender Mainstreaming im Städtebau, BBR: Gender Mainstreaming im Städtebau

Projektstandort auf Google-Maps: Freiburg-Rieselfeld "Frauen planen und bauen"

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 79111 - Ort: Freiburg - Straße: Adelheid-Steinmannstraße 4.

Letzte Änderung: 06.09.2017

Zusatzinformationen

Akteure

Datensatz eingestellt am 01.06.2003 im Rahmen des Forschungsauftrages „Innovative Projekte im Städtebau“ (IProS) vom Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtplanung, RWTH Aachen und aktualisiert vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) .

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