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Dessau-Roßlau „Verein Schwabehaus e.V.“

(Sachsen-Anhalt)

Bürger retten historischer Altbausubstanz

Dank bürgerschaftlichen Engagements konnte die Sanierung eines durch Verfall bedrohten denkmalgeschützten Gebäudes erwirkt und Impulse für die Aufwertung innenstädtischer Lagen gegeben werden. Aus einer spontanen bürgerschaftlichen Protestaktion gegen einen Abriss entwickelte sich die Gründung des Vereins Schwabehaus e.V., der letztlich Träger der Rettungsaktion und des Betriebs wurde. Durch die vom Verein initiierte Aktion „Bürger bürgen für das Schwabehaus“ konnte mittels Einzelbürgschaften für einen Bankkredit, Eigenleistung der Vereinsmitglieder und dank Fördermittel sowie Material- und Geldspenden aus der örtlichen Handwerkerschaft die Sanierung erreicht werden.

Kontext

Schwabehaus vor der SanierungQuelle: Schwabehaus e.V., Dessau

Zerstörungen im 2. Weltkrieg, jahrzehntelanger Verfall der noch vorhandenen Altbauten zu DDR-Zeiten und die demografischen und wirtschaftlichen Folgen der Wende haben zu erheblichen Strukturschwächen und Defiziten in der Attraktivität der Innenstadt geführt. Es ist daher ein zentrales Ziel des Stadtumbaus in Dessau-Roßlau (77.000 EW), die Innenstadt zu stärken und wieder zu einem zentralen Bezugspunkt für die umliegenden Stadtteile zu machen. Die Herausforderungen in Dessau stehen stellvertretend für alle Städte, die erheblich an Bevölkerung verloren haben. Dessau hatte nach der Wende 100.000 Einwohner. Diese Zahl ist trotz des Zusammenschlusses mit der Nachbargemeinde Roßlau um über 20 Prozent gesunken. Deshalb verfolgt die Kommunalpolitik eine langfristige Strategie des Rückbaus von außen nach innen. Während am Stadtrand Gebäude abgerissen werden und neue stadtstrukturelle Freiräume und Grünzüge entstehen, erfahren die innenstädtischen Lagen eine besondere Aufmerksamkeit und Aufwertung. Bei der Umsetzung der Pläne zur Revitalisierung der Innenstadt ist die Kommune auch auf das Engagement der Dessauer Bürger angewiesen.

Projektbeschreibung

Schwabehaus nach der SanierungQuelle: Manfred Fuhrich, BBSR im BBR

Die Sanierung des Schwabehauses steht beispielhaft für die Aufwertung historischer Gebäudes in der Innenstadt ist. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude ist eines der letzten Dessauer Fachwerkhäuser aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es drohte Ende der 1990er Jahre nach Jahren der Verwahrlosung zu zerfallen. Auf Antrag des damaligen Eigentümers stimmte der Dessauer Stadtrat deshalb im Jahr 1998 dem Abriss des Hauses zunächst zu. Daraufhin riefen einige Dessauer Bürger aus Protest spontan die Aktion „Sonnenflecken“ ins Leben, um in einer vom Stadtrat gewährten zweimonatigen Frist eine Erhaltungsstrategie für das Haus zu entwickeln. Aus dieser bürgerschaftlichen Aktion entwickelte sich die Gründung des Vereins Schwabehaus e.V.

Als besondere Herausforderung gestaltete sich die Aufnahme eines Bankkredites für den Erwerb und die Sanierung des Hauses, da der gemeinnützige Verein über keinerlei Vermögen und Sicherheiten verfügte. Mit Hilfe der GSL Gemeinschaftsbank e.G. wurde deshalb ein spezielles Finanzierungsinstrument zur Anwendung gebracht: die nötige Bürgschaft wurde auf viele Einzelbürgschaften verteilt. Durch eine vom Verein initiierte Aktion „Bürger bürgen für das Schwabehaus“ konnten 78 Bürger für Einzelbürgschaften in Höhe von ca. 250 EUR bis ca. 2.500 EUR gewonnen werden. Ergänzend zum GLS-Kredit konnte die Sanierung des Schwabehauses durch weitere Förderinstrumente unterstützt werden: durch Förderungen von Seiten der Bundesagentur für Arbeit (Vergabe- ABM), Lottomittel und Mittel des Landes Sachsen-Anhalt sowie der Stadt Dessau. Hinzu kamen die erheblichen Eigenleistungen der Vereinsmitglieder bei der Sanierung sowie Material- und Geldspenden aus der örtlichen Handwerkerschaft und engagierten Bürgern.

Für den Erwerb des Hauses mussten rund 160.000 EUR aufgebracht werden, für die anschließende Sanierung insgesamt 1,1 Mio. EUR. Etwa 25 % aller Kosten sind durch den Verein getragen worden, 75 % der Kosten konnten als Zuschüsse akquiriert werden. Die Einwerbung und Abrechnung der Fördermittel wurden vom Verein in ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Heute sind die Mitglieder des Schwabehaus e.V. die Eigentümer des Gebäudes. Neben den beiden schon vorher ansässigen Gewerbeeinheiten werden die vorhandenen Räume zu günstigen Konditionen an Vereine vermietet. Alle Mieteinnahmen werden zur Tilgung der Kredite sowie als Rücklagen für notwendige Instandsetzungen eingesetzt.

Inzwischen hat sich das Schwabehaus zu einem lebendigen kulturellen Zentrum für den Stadtteil etablieren können. Neben kleineren Veranstaltungen in den Vereinsräumen und dem Innenhof des Hauses (z.B. Sommerkino, Lesungen) bietet das Haus Gelegenheit, sich über die Geschichte der Stadt Dessau und das Wirken des ehemaligen Besitzers und Namensgebers Samuel Heinrich Schwabe zu informieren. Darüber hinaus hat die Rettung des baufälligen und abrissbedrohten Hauses zu einer neuen Aufbruchstimmung im Stadtumbau geführt.

Projektchronologie

JahrEreignis
1998
Der Stadtrat stimmt dem Abrissantrag des Eigentümers des Schwabehauses zu, daraufhin entwickelt die Bürgerinitiative Sonnenflecken eine Strategie zur Erhaltung des Gebäudes
1998
Gründung des Vereins Schwabehaus e.V.
1998
Annahme des Vereinskonzeptes durch den Stadtrat
1999
Kauf der Immobilie durch den Verein, Bewilligung einer Vergabe- ABM durch das Arbeitsamt Dessau & Förderzusage von der Lotto-Totto Gesellschaft des Bundeslandes
2000
finanzielle Unterstützung durch die Stadt Dessau und den Denkmalschutz des Landes Sachsen-Anhalt
2003 erstmaliges Angebot eines Sommerhofkinos (seitdem jährliche Neuauflage)

Ziele

  • Erhalt und Sanierung des stadtbildprägenden historischen Fachwerkgebäudes
  • Belebung des Stadtteils durch neue soziokulturelle Angebote im sanierten Schwabehaus

Maßnahmen

Gruppe Freiwilliger die bei der Sanierung tatkräftig geholfen habenQuelle: Schwabehaus e.V., Dessau

Gründung des Vereins Schwabehaus e.V.
Erstellung eines funktionsfähigen Sanierungs-, Nutzungs- und Finanzierungskonzeptes durch den Verein
Fördermittelakquirierung
Einzelbürgschaften für Kreditvergabe durch die GSL Gemeinschaftsbank
Freiwillige Arbeit (Subbotniks) und Nutzung von ABM- Kräften bei der Sanierung
Vermietung der Räume an Vereine und für gewerbliche Nutzungen

Innovationen

Sommerfest zur Beendigung der SanierungsmaßnahmenQuelle: Schwabehaus e.V., Dessau

Dem bürgerschaftlich getragenen Verein Schwabehaus e.V. ist es gelungen, eine bereits beschlossen Abriss zu verhindern, indem engagierte Bürger die finanzielle und strukturellen Herausforderung der Sanierung des Schwabehauses mit Hilfe eines innovativen Bürgschaftsmodells der GSL-Bank zu bewältigten. Durch die Bündelung von Einzelbürgschaften Dessauer Bürger (”Dessauer Bürger bürgen für das Schwabehaus”) konnte der Verein den notwendigen Kredit zum Erwerb des Hauses aufnehmen, das stadtbildprägende Fachwerkhaus vor dem drohenden Abriss bewahren und einer neuen Nutzung als öffentlich zugängliches Gebäude zuführen.

Ermutigt durch die positiven Erfahrungen im Fall des Schwabehauses engagiert sich der Verein zunehmend um den Erhalt weiterer Baudenkmäler in Dessau, wie zum Beispiel die „Alte Bäckerei“, die direkt neben dem Schwabehaus liegt. Der Erfolg des Projektes hat zudem viele Initiativen, vor allem in Ostdeutschland, zu ähnlichen Maßnahmen angeregt, von denen viele inzwischen in einen fruchtbaren Informationsaustausch mit dem Verein Schwabehaus e.V. eingetreten sind.

Quellen

Weiterführendes

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 06844 - Ort: Dessau-Roßlau - Straße: Johannisstraße 18.

Datensatz eingestellt am 13.07.2009 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

Letzte Änderung: 11.12.2013

Zusatzinformationen

Akteure

  • Projektassistent, Schwabehaus e.V., Johannisstraße 18, 06844 Dessau, Tel. 0340 / 859 88 23 (AB)
  • Holger Schmidt und Thomas Fischer, Vorstand Schwabehaus e.V., Tel. 0340 / 220 7672 (AB); Email: verein@schwabehaus.de, Web: http://www.schwabehaus.de/

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