Bremerhaven-Wulsdorf „Wohnanlage und Tagespflegeeinrichtung für Demenzerkrankte“
(Bremen)
Neue Infrastrukturangebote durch Umbaumaßnahmen
Im Ortsteil Wulsdorf-Dreibergen war schon im Jahr 2000 ein hoher struktureller Wohnungsleerstand zu verzeichnen. Durch den Teilrückbau eines siebenstöckigen Wohnhauses auf drei Stockwerke wird zugleich der Umbau zu einem Wohnangebot für demenzerkrankte Menschen verfolgt. Damit wird die quantitative Beseitigung von Wohnungsleerstand verbunden mit einer qualitativen Quartiersentwicklung, die auf einen in Zukunft stark steigenden Bedarf abzielt.
Kontext
Quelle: Dietrich Penz, STÄWOG mbH
Die Stadt Bremerhaven (116.000 EW) verzeichnet anhaltende Einwohnerverluste, die zu Wohnungsleerständen von ca. 5.400 Wohneinheiten geführt haben. Diese Leerstände verteilen sich auf mehrere Wohnsiedlungen unterschiedlicher Alters- und Baustrukturen. Für die betroffene Wohnsiedlung wurden integrierte Maßnahmenkonzepte erarbeitet.
Im Stadtteil Wulsdorf-Dreibergen, deren Geschosswohnungsbestand bisher über 400 Wohneinheiten umfasste, beinhalteten diese Maßnahmen den Abriss von Wohngebäuden, die Ersatzbebauung mit Einfamilienhäusern, die Modernisierung von Gebäuden und die Aufwertung des Wohnumfeldes.
Projektbeschreibung
Quelle: Dietrich Penz, STÄWOG mbH
In der Wohnsiedlung Wulsdorf-Dreibergen wurde ein achtstöckiges Wohngebäude mit hohem Leerstand aus den 1970er-Jahren durch Teilrückbau auf drei Stockwerke reduziert. Der Teilabriss erfolgte mit großer Sorgfalt. Die im Kellergeschoss des Gebäudes befindliche Heizanlage musste weiter betrieben werden, um auch während des Rückbaus die Wärmeversorgung für einen größeren Teil der Siedlung zu gewährleisten. Die verbleibenden Wohnetagen wurden anschließend für 3 Wohngemeinschaften mit 24 Demenzerkrankten bedarfsgerecht umgebaut.
Die Grundrisse der Wohnungen eigneten sich insbesondere für die Anpassung an die Bedarfe von Wohngemeinschaften für Demenzerkrankte. So wurden auf einer Grundfläche von jeweils ca. 280 m² Raumangebote für drei Wohngemeinschaften geschaffen. Sie umfassen einen weiträumigen Wohnbereich, eine zentral gelegene Wohnküche, barrierefreie und pflegegeeignete sanitäre Einrichtungen und jeweils acht Einzelzimmer. Für eine Tagespflege mit bis zu 18 Plätzen wurde kostengünstig auf der vorhandenen Kellerdecke ein Anbau errichtet, der die spezifischen Bedarfe demenzerkrankter Menschen berücksichtigt. Die Umgestaltung des unmittelbaren Wohnumfelds trägt dem bei Demenzerkrankten häufig zu beobachtenden starken Bewegungsdrang Rechnung.
Mit dieser Wohnanlage wurde ein in der Stadt Bremerhaven einmaliges Wohn- und Serviceangebot geschaffen, das Quartiersbewohnern eine Chance bietet, auch bei Demenzerkrankung im Quartier verbleiben zu können. Die Wohnanlage und die Tagespflege qualifizieren darüber hinaus auch die gesamtstädtische Infrastruktur für ältere Menschen. Es wird davon ausgegangen, dass bei einer Vollbelegung 20 zusätzliche Arbeitsplätze im Wohnquartier entstehen.
Eigentümer des Gebäudes ist die städtische Wohnungsgesellschaft STÄWOG. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist Träger der Maßnahme und für die pflegerische Unterstützung der Bewohner der Wohngemeinschaften sowie für die Tagespflege zuständig.
Projektchronologie
Quelle: Dietrich Penz, STÄWOG mbH
Jahr | Ereignis |
---|---|
1998 | Vorbereitende Untersuchungen |
2000 | Festlegung als Gebiet im Programm „Soziale Stadt“ |
2002 | Aufnahme in das ExWoSt Forschungsfeld Stadtumbau West |
2005 | Vorüberlegungen zum Umbau des achtstöckigen Wohngebäudes zu einer Altenpflegeinrichtung |
2006 | Konkretisierung des Konzeptes als Wohnanlage für Demenzerkrankte |
2006 | Verhandlungen mit der Arbeiterwohlfahrt als potenziellem Kooperationspartner |
2007 | Start des Teilrückbaus |
2007 | Umbau und Erstellung des Anbaus |
Ende 2007 | Bezug der ersten Wohngemeinschaft und Eröffnung der Tagespflege |
Ziele
Quelle: Dietrich Penz, STÄWOG mbH
- Reduzierung des Wohnungsbestandes
- Stärkung der Bewohnerbindung an das Quartier
- Reduzierung der Abwanderung von Einwohnern
- Schaffung von Pflegeangeboten im Quartier
- Schaffung von Arbeitsplätzen
Maßnahmen
Quelle: Stadt Bremerhaven
Konzeptentwicklung für ein quartiernahes Wohn- und Pflegeangebot
Kooperation von Wohnungsunternehmen und Wohlfahrtsverband
Abschluss eines städtebaulichen Vertrags von Stadt und Wohnungsunternehmen
Teilrückbau
Anbau einer Tagespflegeeinrichtung
Gestaltung des Wohnumfeldes nicht nur für demenzerkrankte Menschen
Innovationen
Quelle: Dietrich Penz, STÄWOG mbH
Das Projekt zeigt Wege auf, wie in einem durch Leerstand geprägten Quartier durch Teilabriss und Umbau die Wohnungsbestände quantitativ reduziert und zugleich qualitativ aufgewertet werden können, indem neue Angebotsqualitäten für eine wachsende Nachfragergruppe gewonnen werden. Das Wohnangebot ist neuartig und zukunftsweisend, weil die Sonderwohnform der Wohngemeinschaft für demenzerkrankte Menschen über den Wohlfahrtsverband durch ein Wohnungsunternehmen angeboten und die notwendige pflegerische Leistung durch ambulante Dienste vorgehalten wird. Damit finden verschiedene Interessen Berücksichtigung. Zum einen können demenzerkrankte Menschen länger selbst bestimmt und in ihrem Wohnquartier wohnen. Zum anderen wird eine Angebotsnische geschaffen und die Pflegekassen werden finanziell entlastet. Letztlich profitieren auch die sozialen Dienstleister von einem quartierbezogenen Ansatz.
Quellen
- Stadt Bremerhaven: Abschlussbericht zum ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West 2002 – 2007 (unveröffentlicht)
Weiterführendes
- Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.): Stadtumbau West. Stadtumbau in 16 Pilotstädten – Bilanz im ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West. Ausgabe 2008. Berlin/Oldenburg 2008.
- http://www.staewog.de
- http://www.awo-bremerhaven.de/
Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 27572 - Ort: Bremerhaven - Straße: Thunstraße/Ringstraße.
Letzte Änderung: 11.12.2013