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Bielefeld/Osnabrück „Haller Willem“

(Nordrhein-Westfalen, Nierdersachsen)

Modernisierung einer Bahnstrecke und koordinierte Siedlungsentwicklung

Dieses Projekt befindet sich im Archiv. Die Projektdaten werden nicht mehr aktualisiert.

Kontext

Im Zuge rückläufigen Verkehrsaufkommens auf Bahnnebenstrecken sowie unzureichender Investitionen in die bestehende Streckeninfrastruktur hat der Schienenverkehr bis in die 90er Jahre an Attraktivität verloren. Im Gegenzug gewann der Straßenverkehr weiter an Bedeutung. Infolgedessen vollzieht sich die Siedlungsentwicklung gerade im ländlichen Raum häufig nicht mehr entlang der Schienenkorridore.

Auch der Bahnstrecke „Haller Willem“ von Bielefeld über Halle (Westfalen) und Dissen/Bad Rothenfelde nach Osnabrück drohte seinerzeit wegen des veralteten und unrentablen Streckenbetriebes sowie sinkender Fahrgastzahlen die endgültige Stilllegung.

Finanziert und bestellt wird der Betrieb des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) auf der reaktivierten und modernisierten Regionalbahnstrecke länderübergreifend vom VerkehrsVerbund OstWestfalenLippe (VVOWL) für Nordrhein-Westfalen und von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG).

Beide Aufgabenträger haben den SPNV-Verkehr bei dem Eisenbahnverkehrsunternehmen NordWestBahn (NWB) mit Sitz in Osnabrück bestellt.

Projektbeschreibung

In den 1990er Jahren gelang es der Initiative „Haller Willem“, einer Interessengemeinschaft aus engagierten Bürgern, den Streckenerhalt zu sichern. Mit dem Programm „Haller Willem – Regional-Station Zukunft“ wurde ein ganzheitlicher Ansatz zur Attraktivierung des Regionalverkehrs entwickelt.

Das als dezentrales EXPO-Projekt bestätigte Konzept demonstriert, wie öffentlicher Nahverkehr der Zukunft aussehen kann. Basierend auf den drei Säulen „Innovative Bahntechnik", "Bahnhöfe als Netzwerke für Kundenservice" und „Wohnen und Freizeit - Lebensqualität durch Gleisanschluss“ wurde die Strecke von Bielefeld über Halle (Westfalen) zunächst bis Dissen/Bad Rothenfelde, später weiter bis nach Osnabrück saniert und modernisiert.

Im Streckenabschnitt Nordrhein-Westfalens konnte durch die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Verkehrsträger mit den angrenzenden Kommunen der Ausbau des Schienenverkehrs mit einer Siedlungsentwicklung, die auf die Bahnhaltepunkte ausgerichtet ist, verbunden werden. Auf dem niedersächsischen Streckenabschnitt Osnabrück - Dissen-Bad Rothenfelde war der SPNV-Betrieb eingestellt. Dieser wurde 2005 reaktiviert und der SPNV-Betrieb wieder aufgenommen. Insgesamt wurden ca. 1000, überwiegend mit modernster Energietechnik ausgestattete Wohneinheiten mit direktem Bahnanschluss gebaut.

Neben der vollständigen Modernisierung der Bahnsteig- und Gleisanlagen trägt der Einsatz moderner Leichttriebwagen vom Typ "Talent" zu größerem Reisekomfort bei. Zeitgemäße Ausstattung der Haltepunkte mit Warte- und Informationsbereichen, eine Ausdehnung der Serviceangebote an den Bahnhöfen und eine gezielte Aufwertung der umliegenden Bahnhofsbereiche mit komfortablen Umstiegsmöglichkeiten zum Busverkehr sowie Angebote für „Park and Ride“, „Bike and Ride“ bzw. „Kiss and Ride“ sind wesentliche Elemente zur Förderung des schienengebundenen Regionalverkehrs. Die Einrichtung neuer Haltepunkte bzw. Verlagerung ehemaliger Haltepunkte an Siedlungsschwerpunkte sowie die Aufwertung ländlicher Haltepunkte zu so genannten „Naturbahnhöfen“ als Ausgangspunkte für den regionalen Rad- und Wandertourismus (z.B. die mehrfach ausgezeichnete BahnRadRoute Teuto-Senne), unterstreichen den umfassenden Projektansatz.

Der Streckenabschnitt in Nordrhein-Westfalen wurde bereits anlässlich der EXPO 2000 modernisiert. Die Wiedereröffnung der niedersächsischen Strecke wurde am 12. Juni 2005 mit Bahnhofsfesten gefeiert. Die insgesamt 19 Stationen werden stündlich angefahren, zwischen Halle (Westfalen) und Bielefeld besteht werktags ein 30-Minuten-Takt. Mittlerweile ist die Regionalbahnverbindung zwischen Bielefeld und Osnabrück wieder recht populär. Das tägliche Fahrgastaufkommen konnte von ca. 1.500 Personen im Jahr 1996 auf über 4000 Reisende im Jahr 2006 mehr als verdoppelt werden.

Projektchronologie

JahrEreignis
1987Erstes Konzept für den langfristigen Erhalt der Bahnstrecke Bielefeld-Osnabrück
1991Gründung der „Initiative Haller Willem“ (IHW)
1996Projektvorschlag „Regionalstation Zukunft - mehr als eine Bahnsteigkante“ der IHW
1999Aufnahme des Projektes als „registriertes Projekt der Weltausstellung“ EXPO 2000
2000Fertigstellung wesentlicher Projektelemente in Nordrhein-Westfalen
2005Fertigstellung des niedersächsischen Teilabschnitts

Ziele

  • Steigerung der Attraktivität und Wirtschaftlichkeit einer Regionalbahnstrecke
  • Förderung ressourcenschonender und emissionsarmer Mobilität durch öffentlichen Regionalverkehr im ländlichen Raum
  • Städtebauliche Aufwertung der Bahnhaltepunkte und ihrer Umgebungen
  • Konzentration der Siedlungsentwicklung an den Bahnhaltepunkten

Maßnahmen

  • Modernisierung der Bahnstrecke
  • Einsatz moderner Züge (Talent VT 644)
  • Modernisierung und Wiedernutzung der Bahnhofsgebäude und Bahnsteige
  • Serviceverbesserung und ergänzende Dienstleistungen
  • Gestalterische und funktionale Aufwertung des Bahnhofsumfeldes
  • Optimierung des Umstiegs zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln
  • Einrichtung von sogenannten "Naturbahnhöfen" zur Förderung des Nahtourismus
  • Gezieltes Flächenrecycling im Umfeld der Bahnhöfe
  • Förderung des "ÖPNV-nahen Wohnens" durch Ausweisung von Wohngebieten in der Nähe von Haltepunkten
  • Neueröffnung von Haltepunkten an bestehenden Siedlungsschwerpunkten

Innovationen

Die Verbindung eines attraktiven Schienennahverkehrs mit der Siedlungsentwicklung entlang der Bahnstrecke überzeugt. Dieser Ansatz verbindet raumordnerische, verkehrliche und städtebauliche Ziele in vorbildlicher Weise mit wohnungsbaulichen, freizeit- und tourismusorientierten Maßnahmen. Das koordinierte interkommunale und länderübergreifende Vorgehen ist beispielhaft und zeigt Perspektiven für eine integrierte Regionalentwicklung. Der Projekterfolg zeigt sich bereits in der positiven Fahrgastentwicklung.

Quellen

  • http://www.hallo-willem.de
  • http://www.bahnradeln.de
  • Schütte, Ingrid; Uffmann, Rüdiger (2000): Der Haller Willem - Fahrt in die Zukunft. Lübbecke (Lageplan und Foto1)
  • Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW (2002): Nachhaltige Stadtentwicklungsprojekte umsetzen. Landesweiter Wettbewerb 2000 in NRW, Preisverleihung 27. Juni 2001. Düsseldorf

Weiterführendes

  • Ministerium für Bauen und Wohnen des Landes NRW (Hg.) (1997): Wohnen am Öffentlichen Nahverkehr. Düsseldorf
  • Forum Bahnflächen NRW: http://www.bahnflaechen.info/

Letzte Änderung: 13.03.2017

Zusatzinformationen

Akteure

  • Initiative Haller Willem, Am Piepenbrink 6, 49124 Georgsmarienhütte, Tel. 0541|28104, eMail: hallo@hallo-willem.de
  • VerkehrsVerbund OstWestfalenLippe (VVOWL), Kai Schulte, Tel. 0521-32943314, eMail: info@vvowl.de
  • Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG), Kurt-Schuhmacher-Straße 5, 30159 Hannover, Tel.: 0511-533330, Fax: 0511-53333299, E-Mail: info@lnvg.de
  • NordWestBahn GmbH, Alte Poststraße 9, 49074 Osnabrück, Tel. 01805/600161, eMail: dialog@nordwestbahn.de

Datensatz eingestellt am 01.02.2003 im Rahmen des Forschungsauftrages „Innovative Projekte im Städtebau“ (IProS) vom Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtplanung, RWTH Aachen und aktualisiert vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) .

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