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Berlin-Tempelhof „Stadtquartier Friesenstraße“

(Berlin)

Städtebauliche Umstrukturierung eines innerstädtischen Baublocks

Das „Stadtquartier Friesenstraße“ (SQF) entstand durch die städtebauliche Umstrukturierung einer rudimentären Blockrandbebauung zu Wohn- Gewerbebauten. Bei der Projektdurchführung hatten Gemeinschaftsorientierung und Verknüpfung mit dem benachbarten Wohngebiet einen hohen Stellenwert. So stand insbesondere die Bereitstellung von Wohnraum für Menschen aus der Nachbarschaft im Vordergrund.

Kontext

Straßenschilder zur Schwiebusser Straßen - Ecke - FriesenstraßeQuelle: Ecofys

Für Berlin (3,52 Mio. EW) lässt sich seit 2005 eine zunehmende Zuwanderung feststellen. Die steigende Bevölkerungszahl und geringe Baufertigstellungen haben über die letzten Jahre zu einer angespannten Wohnungsmarktsituation geführt. Vor diesem Hintergrund trägt das Projekt SQF zur Erweiterung des Wohnungsangebots in Berlin bei.

Das Projektgebiet mit ca. 19.000 m² liegt in der Nähe des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Es gehörte ursprünglich zur kaiserlichen Kaserne an der Friesenstraße; die Stallgebäude aus dieser Zeit waren noch vorhanden. Bis Ende 2009 hatten dort kleine Handwerksstätten ihren Sitz; teilweise nutzten Anwohner das Gelände auch als Gartenland. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) hat das Gelände 2009 in einem Bieterverfahren ausgeschrieben und 2010 verkauft.

Projektbeschreibung

Neubau an der Ecke Schwiebusser Straße - FriesenstraßeQuelle: Ecofys

Für das Projekt wurden bauliche Anlagen, vor allem Autogaragen und –Werkstätten, abgerissen sowie weitere Flächen entsiegelt (Parkplätze, Teile einer Kleingartensiedlung). Auf den geräumten Flächen entstanden 220 Wohnungen in einer neuen Blockrandbebauung entlang der Schwiebusser Straße sowie sechs Gewerbebauten (u.a. vier Gewerbestudios, eine Tischlerei) im Blockinnenbereich. Gemäß dem Prinzip der „Kreuzberger Mischung“ sollten Wohnen und Gewerbe gleichermaßen Berücksichtigung finden. Der Riegel aus den Gewerbegebäuden und einer elf Meter hohen Schallschutzmauer mindern das Risiko der Lärmbelastung durch die nahgelegene „Columbia Hall“. Des Weiteren entstanden 79 Stellplätze in einer Tiefgarage sowie ein innenliegender Quartierspark als grüner Kern der Anlage.

Das Projekt entstand als Vorhaben innerhalb im Zusammenhang bebauter Bereiche gemäß § 34 BauGB. Dementsprechend orientiert sich das bauliche Konzept an den Strukturen des angrenzenden gründerzeitlichen Wohngebiets, d.h. an der Blockrandbebauung mit einer Traufkantenhöhe von 18,85 m, einer Parzellenbreite von ca. 21 m sowie an den prägenden Fassadenmaterialien Putz und Klinker. Es ist beabsichtigt, das Projekt im Süd-Osten fortzuführen und damit den Blockrand ganz zu schließen.

Zu den Besonderheiten des Projektes gehören eine kleinteilige Eigentumsstruktur mit vielfältigen Eigentumsformen sowie eine ausgeprägte Gemeinschaftsorientierung und nachbarschaftliche Vernetzung mit dem bestehenden Wohngebiet. Zur Eigentümerschaft gehören acht Baugemeinschaften, eine Genossenschaft, fünf private Einzeleigentümer und ein gewerblicher Bauträger.

Das Projekt orientierte von Anfang an auf die Bereitstellung von Wohnraum für Bewohner aus der Nachbarschaft. Da die Projektentwickler bereits seit Jahren persönlich vor Ort tätig waren, verfügten sie schon vor Projektbeginn über entsprechende Gebietskenntnisse und Kontakte. Zudem fanden zahlreiche Informationsveranstaltungen im direkten Projektumfeld statt, um verbindliche Interessensbekundungen für das Vorhaben zu erhalten. Daraus resultierte bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine umfängliche Interessenliste mit Angaben über das gewünschte Eigentümermodell und Wohnungswünsche (Größe, Ausstattung, Kosten). Auf dieser Grundlage war eine grundstücksweise Zuordnung bestimmter Interessensgruppen möglich.

Durch diese umfangreiche Beteiligung der Nachbarschaft, die wesentlich durch den so genannten „Parkrat“ getragen wird, stieß dieses Projekt im Unterschied zu anderen Nachverdichtungsprojekten auf wenig Widerspruch. Das gesamte Vorhaben hat außerdem (mit Ausnahme der KfW-Förderung für energieeffizientes Bauen) keine öffentlichen Fördermittel beansprucht.

Projektchronologie

NeubauQuelle: Ecofys

JahrEreignis
2009
Konzeptidee und Beginn des Planverfahrens
2010
Kaufvertrag und Beräumung des Grundstücks
2011
Baubeginn
2012
Einzug der ersten Bewohner, Fertigstellung Tiefgarage
2013 Fertigstellung des Hochbaus

Ziele

Innenhof des NeubausQuelle: Ecofys

  • Erweiterung des bestehenden Wohngebietes Chamissoplatz/Bergmannstraße
  • Bezahlbare Mehrzimmer-Wohnungen für die Bewohner aus der Nachbarschaft
  • Gemeinschaftliches, Kosten sparendes und Ressourcen schonendes Bauen
  • Wohnen: nachbarschaftlich, familienfreundlich, altersgerecht
  • Energie- und Wasserversorgung: nachhaltig, effizient, sparsam
  • Verträgliche Mischung von Wohnen und Arbeiten

Maßnahmen

Neubauten mit GrillplatzQuelle: Ecofys

  • Informationsveranstaltungen im Quartier
  • Rückbau bestehender Gebäude
  • Entsiegelung ehemaliger Stellplatzflächen
  • Neubau von 220 Wohnungen
  • Neubau von 6 Gewerbegebäuden
  • Anlage neuer Grünräume

Innovationen

Innenhof des NeubausQuelle: Ecofys

Durch die Aktivierung versiegelter und rudimentär bebauter Flächen ist es gelungen, in einem Innenstadtquartier neuen Wohnraum in Verbindung mit Gewerberäumen zu schaffen. Das Nachverdichtungsprojekt leistet beträchtliche Beiträge zu Klimaschutz und Klimaanpassung. Dazu gehören insbesondere die reduzierte Versiegelung (von 70% auf 40%), die Verringerung der bebauten Fläche (von 40% auf 30%) sowie die Anlage neuer Grünräume und die Verbesserung der Vegetation.

Des Weiteren zeichnet sich das Projekt „Stadtquartier Friesenstraße“ durch die planmäßige Beteiligung der Nachbarschaft und durch die Berücksichtigung verschiedener Bewohnergruppen aus. Der nachbarschaftliche und gemeinsohlorientierte Handlungsansatz hat einen sozial besonders verträglichen Wohnungsbau zum Ergebnis. Es gelang Wohnwünsche der Quartiersbewohner im angestammten Wohnumfeld zu verwirklichen und durch die enge soziale Verknüpfung eine Art stabilisierendes Element im Stadtgefüge zu schaffen.

Quellen

  • ExWoSt – Studie »Städtebauliche Nachverdichtung im Klimawandel« Projektbericht: Fallstudie: Berlin - SQ Friesenstraße.
  • Rolfes-Poneß, B. (SQF.Plan.Berlin GmbH): Rundgang Stadtquartier Friesenstraße, Kreuzberg Werkstattgespräche zum Thema Wohnungsbau. Online abrufbar: Stadtquartier Friesenstraße, SRL Rundgang 2013. Letzter Aufruf am 21.8.2014.
  • Rolfes-Poneß, B. (2012): Networking – Ein Erfolgsfaktor bei Bauvorhaben. Das Nachbarschaftsquartier Berlin-Friesenstraße. In: Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL) (Hrsg.): Planerin 6/12: Wohnen im Wandel. S.30-32.

Weiterführendes

Projektstandort auf Google-Maps: Berlin "Stadtquartier Friesenstraße"

Den Projektstandort finden Sie auch unter PLZ: 10965 - Ort: Berlin - Straße: Ecke Friesenstraße/Schwiebusser Straße.

Letzte Änderung: 02.04.2015

Zusatzinformationen

Akteure

Datensatz eingestellt am 02.04.2015 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

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